Die Liebespuppen gehen nach Hause

Das BorDoll in Dortmund hat seine Pforten im Sommer 2023 geschlossen. Das Cybrothel in Berlin hat nach wie vor geöffnet und experimentiert mit Reversed Cyborgs und Virtual Reality. Aber wie sieht die Situation in der Schweiz und in Österreich aus? Dort herrscht seit jeher eher Mischbetrieb. In Wien findet sich das Laufhaus Rachel, wo auf 20 bis 30 Frauen immerhin drei Liebespuppen kommen. In der Schweiz wurde in den letzten Jahren viel geboten, etwa rund um Luzern, Bern oder Basel. Die Medien berichteten genüsslich darüber. Eine aktuelle Recherche zeigt, dass nur noch wenige Etablissements mit von der Partie sind. Ein Beispiel ist die Lounge 139 in Basel, wo man Natascha (21) buchen kann, die keine Widerworte gibt, wie lobend erwähnt wird. Die Gründe für den Rückgang dürften seitens der Benutzer sein, dass es sich im Etablissement um keinen ultimativen Kick mehr handelt und zwischen den Preisen für künstliche und echte Frauen kein großer Unterschied besteht, sodass man sich reiflich überlegt, was oder wen man wählt. Seitens der Betreiber stellt man fest, dass hochwertige Liebespuppen teuer sind, auch teure Exemplare mit der Zeit verschleißen und es nicht einfach ist, fachlich geeignetes Personal für die Handhabung und die Reinigung zu finden. Kaum etwas weiß man über die Meinung und Haltung der Prostituierten. Eines der wenigen Interviews in diesem Zusammenhang ist im Buch „Maschinenliebe“ enthalten. Es braucht weniger sensationsheischende Berichterstattung, mehr empirische Forschung, mehr ethische Reflexion – aber dazu ist kaum ein Wissenschaftler und kaum eine Hochschule bereit. Zudem versinken einschlägige Disziplinen wie die Sexualwissenschaft im deutschsprachigen Raum in der Bedeutungslosigkeit. Dass der Gegenstand ganz wegfällt, ist kaum anzunehmen. Vielmehr dürften Liebespuppen – darauf deuten auch die vielen Bestellmöglichkeiten hin – in die Privathaushalte entschwinden, zusammen mit den Sexrobotern, mit Harmony, Emma und Co., wo sie noch schwerer zu erforschen sind. Sie werden dort zum gut gehüteten und hoffentlich ebenso gut gepflegten Alltagsgegenstand.

Abb.: Harmony auf einer Messe (Foto: Realbotix)