SWISS nutzt Gesichtserkennung beim Boarding ohne ausdrückliche Zustimmung der Passagiere

Am 9. April 2023 versammelten sich die Passagiere am Flughafen von San Francisco an einem der Gates, um auf das Boarding eines SWISS-Flugs zu warten. Für viele Schweizer und Deutsche ging es – mit dem Zielflughafen Zürich – zurück in die Heimat. Beim Boarding mussten alle vor ein Gesichtserkennungssystem treten und ihre biometrischen Merkmale erfassen lassen. Dies ersetzte das Vorzeigen der Bordkarte. Es gab keinen Hinweis der Airline oder einer Behörde auf eine Alternative. Eine Anfrage eines Betroffenen an SWISS, auf welcher rechtlichen Grundlage dies erfolgte, wurde wie folgt beantwortet: „Ich habe mir Ihren Fall durchgelesen und möchte Ihnen mitteilen, dass das Gesichtserkennungssystem nicht obligatorisch ist. Es wird immer ein Mitarbeiter im Dienst sein, der die Sicherheitskontrolle auch manuell durchführen kann. Wenn Sie das nächste Mal in eine solche Situation kommen und nicht durch das Gesichtserkennungssystem gehen möchten, können Sie jederzeit einen Mitarbeiter bitten, Sie manuell durch die Kontrolle zu begleiten.“ Der Hinweis, dass die Nutzung des Systems nicht obligatorisch ist, müsste allerdings vor Ort gegeben werden. Man ist beim Boarding eines Rückflugs unter einem gewissen Druck, befindet sich auf fremdem Boden – und sieht sich mit einer unerwarteten Situation konfrontiert. All dies nutzt das Unternehmen oder sein Partner – die US-amerikanische Behörde – offenbar aus. Auch zur Datenerfassung und -verwendung gab es keinerlei Informationen, weder vor noch nach dem Vorgang. Ohne Zweifel wird die informationelle Autonomie verletzt. Insgesamt findet der Einsatz eines problematischen Systems ohne ausdrückliche Zustimmung der Passagiere statt. Laut einem Artikel von 2021 hat man das Verfahren bereits seit längerer Zeit getestet. „Die Swiss bestätigt den Einsatz der Technologie. Zusammen mit dem Mutterkonzern, der Lufthansa-Gruppe, engagiere man sich für den Einsatz der biometrischen Gesichtsfelderkennung. … Beim Projekt in San Francisco handle es sich in erster Linie um einen ‚übergeordneten Grenzkontrollprozess‘ der US-Behörden … Die Swiss und die Lufthansa seien aber bei der Umsetzung begleitend involviert gewesen, um eine Schnittstelle im Abfertigungsprogramm herzustellen.“ (Luzerner Zeitung, 8. September 2021)

Abb.: Mitten in San Francisco