Das Gendern im Schweizer Recht II

An Schweizer Hochschulen werden Verwaltungsangestellte zum Gendern verpflichtet. Oft geschieht dies durch Sprachleitfäden oder Kommunikationsrichtlinien, die als verbindlich erklärt werden. Als Begründung dient meist das Argument, die Hochschule dürfe wie ein Unternehmen eine einheitliche Kommunikation vorschreiben, ähnlich einem Tone of Voice. Doch ein solcher Zwang kollidiert mit der Bundesverfassung. Er stellt einen Eingriff in die Sprachenfreiheit (Art. 18 BV) und die persönliche Freiheit (Art. 10 Abs. 2 BV) dar. Wird jemand gezwungen, Sonderzeichen in der Wortmitte zu setzen oder grammatikalische Strukturen zu verändern, greift dies tief in die gewachsene Sprachform ein. Sprache als Teil der persönlichen Identität zu verändern, kann in bestimmten Fällen sogar die Menschenwürde (Art. 7 BV) verletzen. Handelt es sich bei der betroffenen Einheit um eine Forschungsstelle mit Publikationstätigkeit, gilt zusätzlich die Wissenschaftsfreiheit (Art. 20 BV). Grundsätzlich ist festzuhalten: Es ist nicht Aufgabe einer Hochschule, über Sprache, Sexualität oder Weltanschauung ihrer Mitglieder zu bestimmen. Eine Hochschule darf sich positionieren – aber sie muss stets die persönliche Freiheit achten.

Abb.: An der ETH Zürich

Das Gendern im Schweizer Recht I

In der Schweiz werden Forscher und Studierende immer wieder zum Gendern gezwungen. Rektoren, Studiengangleiter oder Dozenten versuchen mitunter, Vorgaben zu machen oder erzieherisch Einfluss zu nehmen. Grundlage sind oft Sprachleitfäden, die je nach Institution als freiwillig oder verpflichtend ausgegeben werden. Mit Blick auf die Bundesverfassung ist ein solcher Zwang problematisch. Wird von Dozenten oder Forschern verlangt, in Skripten, Vorlesungsfolien oder Artikeln bestimmte Sprachformen zu verwenden, liegt ein Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit (Art. 20 BV) und die Sprachenfreiheit (Art. 18 BV) vor. Die Veränderung der Muttersprache durch eine künstliche Sprachform kann zugleich die persönliche Freiheit (Art. 10 Abs. 2 BV) und die Menschenwürde (Art. 7 BV) berühren. Bei Studierenden kann ein Genderzwang in wissenschaftlichen Arbeiten ebenfalls die Wissenschafts-, Meinungs- und Sprachenfreiheit verletzen. Eine Benachteiligung bei Bewertungen oder Prüfungen verstößt u.U. gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Hochschulen erfüllen ihren Bildungsauftrag nicht, wenn sie geltende Rechtschreib- und Grammatikregeln ignorieren und fehlerhafte Schreibweisen vermitteln. Ein solcher Zwang hält ihre Mitglieder nicht zur Mündigkeit an, sondern zur Anpassung.

Abb.: Die Universität Zürich

Über die Rechtsverbindlichkeit von Sprachleitfäden

Etliche Hochschulen – Fachhochschulen wie Universitäten – haben in den letzten Jahren Sprachleitfäden herausgegeben. Damit versuchen sie in die Sprache ihrer Mitglieder einzugreifen und sie u.a. zum Gendern zu bewegen. Ein Zwang zum Gendern wäre bei Dozenten, Forschern und Studenten rechtswidrig, denn sie sind durch das Persönlichkeitsrecht und die Wissenschaftsfreiheit geschützt, in der Schweiz ebenso wie in Deutschland und Österreich. Die meisten Verantwortlichen sind sich dessen durchaus bewusst und versuchen die Sprachleitfäden als Angebot darzustellen, das man annehmen oder ablehnen darf. Allerdings bestrafen einige Dozenten ihre Studenten, wenn diese nicht gendern, etwa durch Punkteabzug – ein klarer rechtlicher Verstoß. Zudem existiert in manchen Bereichen ein starker Gruppenzwang. Wie ist es nun aber mit der Verwaltung? Darf dieser die Sprache vorgeschrieben werden? Es spricht vieles dagegen. In der Schweizer Bundesverfassung sind es gleich mehrere Artikel, die herangezogen werden könnten, etwa 7, 10, 15, 16, 17 und 18. Besonders interessant erscheint dabei „Art. 18 Sprachenfreiheit“ … Danach darf niemand gezwungen werden, eine bestimmte Sprache zu verwenden. Man könnte zwar einwenden, dass dies für das private und öffentliche Leben gilt und Organisationen einen Tone of Voice oder andere Regelungen festlegen dürfen. Es ist aber die Frage, ob diese – etwa mit dem Einführen von Sonderzeichen im Wortinneren – tief in die Struktur der Sprache eingreifen und damit die Muttersprache unkenntlich machen und fremdartig erscheinen lassen dürfen, ganz abgesehen davon, dass die konstruierte und ok­t­ro­y­ie­rte Sondersprache dysfunktional, inkorrekt, unpräzise und diskriminierend ist. Es braucht in dieser Angelegenheit, die zehntausende Verwaltungsmitarbeiter an Hochschulen betrifft, dringend Klärung.

Abb.: Justitia wacht auch über die Hochschulen (Bild: ChatGPT)