Der Avatar vor einem Vierteljahrhundert und in der Gegenwart

Vor einem Vierteljahrhundert definierte Oliver Bendel für das Lexikon der Wirtschaftsinformatik von Springer den Begriff des Avatars. Dieser stamme aus dem Sanskrit, wo er die Gestalt bezeichne, „in der sich ein (hinduistischer) Gott auf der Erde bewegt“. Es handelt sich also um eine Hülle, eine Verkleidung, einen Stellvertreter – man will unerkannt bleiben. „Im Computerbereich hat sich der Begriff durchgesetzt für grafisch, teils dreidimensional realisierte virtuelle Repräsentationen von realen Personen oder Figuren.“ Zunächst wird der erste Typ erläutert, der sich auf Personen, etwa Benutzer, bezieht: „Avatare finden zum einen Verwendung in kollaborativ genutzten virtuellen Räumen wie Chats, Internet-Spielwelten (MUDs und MOOs), webbasierten Lern- und Arbeitsumgebungen und kommerziellen 3D-Anwendungen. Sie fungieren dort als sichtbare und teils auch bewegliche und manipulierbare Stellvertreter eines Benutzers. Avatare dieser Art können ein menschliches Aussehen haben, aber auch jede beliebige andere Gestalt und Form. Als Stellvertreter realer Personen haben sie kaum autonome Züge.“ Dann wird der zweite Typ erläutert: „Avatare können zum anderen eine beliebige Figur mit bestimmten Funktionen repräsentieren. Solche Avatare treten – beispielsweise als Kundenberater und Nachrichtensprecher – im Internet auf oder bevölkern als Spielpartner und -gegner die Abenteuerwelten von Computerspielen.“ Sie haben, so der Autor, häufig ein anthropomorphes Äußeres und eigenständige Verhaltensweisen oder sogar einen regelrechten Charakter. Der Beitrag wurde im Jahre 2000 verfasst. Das Lexikon erschien im Jahre 2001. Zum letzten Mal übrigens, denn das Lexikonsterben hatte begonnen. Ein Grund dafür war Wikipedia. Die Definition hat immer noch Bestand. Hinzufügen kann man, dass man inzwischen auch physische Stellvertreter als Avatare bezeichnen kann. Wissenschaftler in Genua – wie Daniele Pucci – oder in Japan – wie Hiroshi Ishiguro – arbeiten an Umsetzungen.

Abb.: Avatare von Artificial Life um die Jahrtausendwende