Keine Transparenz bei Milchprodukten

Mit Philipp Wyss, damals stellvertretender Vorsitzender der Geschäftsleitung von Coop, heute Vorsitzender, hatte Oliver Bendel im Jahre 2019 ein Gespräch geführt. Der Wirtschaftsinformatiker und Technikphilosoph bemängelte, dass der Käse bei Coop in der Regel nicht deklariert ist, weder als verpacktes Produkt im Regal noch als offene Ware an der Käsetheke. Man erfährt nicht, ob er vegetarisch oder nichtvegetarisch ist, also ob er mit mikrobiellem Lab (bzw. entsprechenden Mitteln) oder mit tierischem Lab hergestellt wurde. Der Coop-Chef, ein gelernter Metzger, versprach Abhilfe – getan hat sich nichts. Die PDFs mit Listen mikrobieller Käsesorten, die bei manchen Detailhändlern angeboten werden, sind meistens veraltet, unvollständig und insgesamt unbrauchbar. Bei den Herstellern herrscht bis auf wenige Ausnahmen eisernes Schweigen. Im Ausland gibt man oft die Inhaltsstoffe direkt beim Produkt an oder verwendet sogar das Vegilabel. Oliver Bendel beanstandete ferner, dass die Mitarbeiter an der Käsetheke, ja sogar die Chefs der Molkereiabteilungen nicht die Unterschiede beim Käse kennen, also letztlich gar nicht wissen, wie dieser hergestellt wird. Wenn man nach vegetarischem Käse fragt, wird man meist auf den veganen verwiesen (der keine Milch enthält), oder man erntet ratlose Blicke. Philipp Wyss sprach damals selbst davon, dass die Mitarbeiter überfordert seien. Aber das kann man ändern, indem man sie weiterbildet. Bei Coop und übrigens auch bei Migros (mit Ausnahme von Alnatura) ist man kaum daran interessiert, Transparenz bezüglich der Milchprodukte herzustellen. Aus Sicht von Wirtschaftsethik und Verbraucherschutz ist das eine unbefriedigende Situation.

Abb.: Ist dieser Käse vegetarisch?

ITAS bleibt Betreiber des Büros für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB)

„Das Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS) beim Karlsruher Institut für Technologie (KIT) bleibt Betreiber des Büros für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB). Der zuständige Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung hat in seiner heutigen Sitzung einstimmig beschlossen, die Zusammenarbeit auch in der nächsten Vertragslaufzeit von September 2023 bis August 2028 fortzusetzen.“ (Pressemitteilung Deutscher Bundestag, 21. Juni 2023) Dies meldete die Pressestelle des Deutschen Bundestags am 21. Juni 2023 in einer Pressemitteilung. Leiter des ITAS ist Prof. Dr. Armin Grunwald, einer der renommiertesten Technikphilosophen in Europa. Zuletzt legte das TAB laut Pressemitteilung eine Studie zu den Anwendungspotenzialen und möglichen gesellschaftlichen Auswirkungen von KI-Systemen wie ChatGPT vor. „Weitere wesentliche Studien der letzten Monate beschäftigten sich mit den gesellschaftspolitischen und rechtlichen Herausforderungen von Data-Mining, dem Einfluss von Algorithmen in digitalen Medien auf die Meinungsbildung, den Herausforderungen von Beobachtungstechnologien im Bereich der zivilen Sicherheit oder den Innovationen des urbanen Holzbaus.“ (Pressemitteilung Deutscher Bundestag, 21. Juni 2023)

Abb.: Armin Grunwald und Oliver Bendel beim Berliner Kolloquium (Foto: Daimler und Benz Stiftung)

Das gläserne Produkt

An einem Fraunhofer-Institut wurde vor 15 Jahren „Das gläserne Produkt“ von Oliver Bendel konzipiert. Es wird in seinem Buch „Die Rache der Nerds“ beschrieben: „Der Kunde interessiert sich im Tante-Emma-Laden oder im Supermarkt für ein bestimmtes Produkt. Er scannt mit dem Handy eine ID auf der Verpackung ein. Die ID wird mit einem persönlichen Profil gematcht, das auf dem Handy oder einem Server liegt. Auf dem Display wird eine Empfehlung angezeigt, etwa mithilfe eines Ampelsy­stems. Der Kunde weiß sofort, ob sich das Produkt für ihn eignet (grün) oder nicht (rot). Oder ob er sich anderweitig informieren sollte (gelb).“ Neben Vegetariern stellte man sich Allergiker und Diabetiker als Zielgruppen vor. Inzwischen hat sich viel getan. Es gibt Informationssysteme und Deklarationsfortschritte. In Deutschland wird z.B. Käse, der mit mikrobiellem Lab hergestellt wird, oftmals direkt auf der Verpackung als vegetarisch gekennzeichnet. In der Schweiz weigern sich Coop und Migros, das zu tun bzw. die Produzenten dazu anzuhalten. Zudem haben sie kaum hochwertige vegetarische Hart- und Halbhartkäse im Angebot, wie Gluschtig, Bachtelberger oder bestimmte Emmentaler-Sorten. Aus der Perspektive eines Vegetariers, der Milchprodukte wie Käse verzehrt, Kälberlab aber ablehnt, haben sie weder ein gläsernes noch ein gutes Produkt.

Abb.: So einfach kann Deklaration sein

Initiative zu Robotik und Digitalisierung

Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie von Österreich startet eine Initiative zu Robotik und Digitalisierung. Zur grundsätzlichen Förderung heißt es in einer Information von 2016: „Das Infrastrukturministerium (bmvit) investiert jährlich rund 500 Millionen Euro in die Förderung der angewandten Forschung in Österreich. 185 Millionen Euro stehen für F&E im Bereich von Industrie 4.0 zur Verfügung. Davon fließen rund 100 Millionen Euro in die Material- und Produktionsforschung in der Sachgüterindustrie.“ (Information bmvit) Die Schwerpunkte liegen dabei auf Entwicklungen in der Robotik, von intelligenten Materialien und Rohstoffen sowie von innovativen Sensorik-Systemen. „Weitere 85 Millionen Euro werden für Innovationen auf dem Gebiet der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) aufgewendet.“ Der Fokus ist gerichtet „auf Weiterentwicklungen intelligenter Systeme für automatisiertes Fahren, Machine Learning, Sicherheit und Interoperabilität …“ (Information bmvit). Zur Vorbereitung der genannten neuen Initiative werden am 23. und 24. Mai 2017 in Wien „High Level Sounding Boards“ durchgeführt. In kleiner Runde werden – so ein Schreiben aus dem Ministerium – inhaltliche Abgrenzungen, spezifische Herausforderungen und notwendige Politikmaßnahmen zu Robotik und Digitalisierung diskutiert. Eingeladen sind auch Experten aus dem Ausland, etwa Oliver Bendel von der Hochschule für Wirtschaft FHNW.

Abb.: Auch um automatisiertes Fahren könnte es in der Initiative gehen

Ein Kodex für die Jugend

Nach der Netiquette 2.0 mit ihren zehn Vorschlägen – von Oliver Bendel zuerst im Blick am Abend vom 17. März 2009 veröffentlicht, dann in der Netzwoche, Ausgabe 5/2010 – ist im November 2016 ein weiterer Kodex erschienen. klicksafe.de meldet: „In Zusammenarbeit mit Masterstudierenden der Hochschule der Medien Stuttgart unter Leitung von Prof. Dr. Petra Grimm und Prof. Dr. Wolfgang Schuster, dem 1. Vorsitzenden der Deutschen Telekom Stiftung, hat juuuport zehn Gebote der Digitalen Ethik entwickelt.“ (klicksafe.de, 8. November 2016) Und weiter: „In der digitalisierten Welt haben Internetnutzerinnen und -nutzer große Freiheiten, aber auch eine große Verantwortung. Wie sie sich verhalten und mit Konflikten umgehen, ist Ausdruck ihrer eigenen ethischen Haltung. Deshalb ist es wichtig, sich darüber zu verständigen, wie ein gutes, gelingendes Leben in der digitalen Gesellschaft aussehen soll. Die zehn Gebote verstehen sich als Leitlinien, die helfen, die Würde des Einzelnen, seine Selbstbestimmung und Handlungsfreiheit wertzuschätzen. Sie richten sich vor allem an Jugendliche und berücksichtigen ihre Formen der digitalen Kommunikation. Sie dienen ihnen als Orientierung und zeigen auf, wie man im Internet gut zusammenleben und rücksichtsvoll miteinander umgehen kann.“ (klicksafe.de, 8. November 2016) Im letzten Vorschlag treffen sich die Kodizes. In der Netiquette 2.0 lautet er: „Du sollst Handy und Computer so oft wie möglich ausschalten und dem Gesang der Vögel lauschen.“ (Version Blick am Abend) In den neuen zehn Geboten heißt es ganz ähnlich: „Schalte hin und wieder ab und gönne dir auch eine Auszeit.“

Abb.: Was kann und soll man mit dem Handy?

Beratungsangebot zur Maschinenethik

Ein neues Beratungsangebot findet sich seit Anfang April 2013 auf der Website des Instituts für Wirtschaftsinformatik an der Hochschule für Wirtschaft der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW. Es richtet sich auf die Maschinenethik, die auch als Algorithmenethik bekannt ist. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kompetenzschwerpunkts Digital Innovation & Learning (DIL) unter der Leitung von Prof. Dr. Oliver Bendel stellen dar, welche normativen Modelle in einem bestimmten Bereich in Frage kommen, und vermitteln Kontakte zu internationalen Forschungs- und Anwendungspartnern. Sie erarbeiten Studien, die das Potenzial der Maschinenethik sowie Chancen und Risiken für das jeweilige Geschäftsfeld aufzeigen. Die Schwerpunkte liegen in der Verbesserung von Systemen mit natürlichsprachlichen Fähigkeiten (etwa von pädagogischen Agenten, mobilen Sprachassistenten und Chatbots) in ethischer Hinsicht und in der Entwicklung von Szenarien zu kommerziellen Anwendungen von moralischen Maschinen.

Abb.: Ein pädagogischer Agent als Role Player