Das Gendern im Schweizer Recht III

Einige privatwirtschaftliche Journals in der Schweiz – etwa Psychotherapie-Wissenschaft, Schweizerische Zeitschrift für Soziologie, Schweizerische Zeitschrift für Heilpädagogik, SUCHT oder das Schweizerische Archiv für Volkskunde – schreiben in ihren Autorenrichtlinien die Verwendung von Gendersprache vor. Wer das Setzen von Sonderzeichen im Wortinneren oder das Verwenden von irreführenden Partizipformen und unnötigen Beidnennungen ablehnt bzw. den üblichen generischen Sprachgebrauch bevorzugt, wird von der Veröffentlichung ausgeschlossen. Nun sind private Verlage nicht direkt an Grundrechte gebunden, wie sie in der Bundesverfassung festgehalten sind. Dennoch greifen solche Vorgaben faktisch in die Wissenschaftsfreiheit (Art. 20 BV) und die Sprachenfreiheit (Art. 18 BV) ein. Denn die sprachliche Gestaltung gehört zur wissenschaftlichen Verantwortung des Autors. Wissenschaft verlangt präzise, prägnante, korrekte und nachvollziehbare Ausdrucksformen – keine ideologisch motivierten Eingriffe. Erzwingt ein Journal Sprachformen, die fachlich umstritten und sprachlich künstlich sind, stellt sich auch die Frage, ob es selbst noch wissenschaftlichen Standards genügt. Man kann sich als Autor einem solchen Journal verweigern und zugleich öffentlich darauf hinweisen, dass es mit seinen Vorgaben der Wissenschaft den Rücken gekehrt hat.

Abb.: In einer Bibliothek

Das Gendern im Schweizer Recht II

An Schweizer Hochschulen werden Verwaltungsangestellte zum Gendern verpflichtet. Oft geschieht dies durch Sprachleitfäden oder Kommunikationsrichtlinien, die als verbindlich erklärt werden. Als Begründung dient meist das Argument, die Hochschule dürfe wie ein Unternehmen eine einheitliche Kommunikation vorschreiben, ähnlich einem Tone of Voice. Doch ein solcher Zwang kollidiert mit der Bundesverfassung. Er stellt einen Eingriff in die Sprachenfreiheit (Art. 18 BV) und die persönliche Freiheit (Art. 10 Abs. 2 BV) dar. Wird jemand gezwungen, Sonderzeichen in der Wortmitte zu setzen oder grammatikalische Strukturen zu verändern, greift dies tief in die gewachsene Sprachform ein. Sprache als Teil der persönlichen Identität zu verändern, kann in bestimmten Fällen sogar die Menschenwürde (Art. 7 BV) verletzen. Handelt es sich bei der betroffenen Einheit um eine Forschungsstelle mit Publikationstätigkeit, gilt zusätzlich die Wissenschaftsfreiheit (Art. 20 BV). Grundsätzlich ist festzuhalten: Es ist nicht Aufgabe einer Hochschule, über Sprache, Sexualität oder Weltanschauung ihrer Mitglieder zu bestimmen. Eine Hochschule darf sich positionieren – aber sie muss stets die persönliche Freiheit achten.

Abb.: An der ETH Zürich