Neue Objekte der Begierde

Im September 2021 haben sich mehrere deutschsprachige Medien für Liebespuppen und Sexroboter interessiert und Oliver Bendel zitiert. „Ob Sexroboter nützen oder schaden, ist umstritten“ – so die Sendung in WDR 5 Quarks am 3. September 2021. Annika Franck hatte dafür den Informations- und Maschinenethiker interviewt. Er plädiert für mehr empirische Forschung in diesem Zusammenhang, auch als Grundlage für ethische Überlegungen. „Sex mit der Maschine“ ist der Titel des Beitrags von Wolfgang Schmitz in den VDI nachrichten vom 23. September 2021. Es geht wiederum nicht um handliches Sexspielzeug, sondern um lebensgroße Figuren. Diese wecken gewisse Erwartungen, die sie wiederum auch enttäuschen, vor allem wenn man in der Liebespuppe oder dem Sexroboter menschliche Eigenschaften entdeckt, die sie oder er gar nicht hat. Letztlich handelt es sich – darauf muss immer wieder hingewiesen werden – um einseitige Beziehungen.

Abb.: Harmony im häuslichen Umfeld (Foto: Realbotix)

Können Roboter Gefühle entwickeln?

Können Roboter bald selbstständig Gefühle wie Hass oder Liebe entwickeln? Dies hat der WDR im April 2018 den Informations- und Maschinenethiker Oliver Bendel gefragt. Der Kontext war die Angst, die wir vor Maschinen haben oder haben können. Er antwortete: Maschinen werden solche Gefühle meines Erachtens nicht entwickeln können, da diese biologisch-chemische und genetisch-hormonelle Grundlagen brauchen. Die Vorstellung, dass sie solche Gefühle haben, kann natürlich Angst machen. Und emotionale Roboter wie Pepper zeigen Gefühle – aber haben eben keine. Eine wichtige Frage ist, ob sie überhaupt Gefühle zeigen sollen. Und ob sie uns weismachen sollen, dass sie Menschen oder ähnlich wie Menschen sind.“ Uns ist in Europa die Angst vor künstlichen Kreaturen gleichsam eingepflanzt. Diese dachten wir uns bereits vor tausenden Jahren aus. Bei Homer und Ovid finden sich Schreckensgestalten wie Talos und Pandora, wobei die künstliche Frau in der Literatur einige Wandlungen erlebt hat. Später ging es ähnlich weiter, mit der Eisernen Jungfrau, dem Golem, Frankensteins Monster. Auch Ausnahmen gibt es, bereits in der Antike, wie Galatea, von Pygmalion erschaffen und von Aphrodite zum Leben erweckt. Das Interview kann über www1.wdr.de/wissen/technik/roboter-maschinenethik-interview-100.html nachgelesen werden.

Abb.: Robben haben Gefühle, Roboter nicht

Gesichtserkennung macht Schlagzeilen

Gesichtserkennung macht seit einiger Zeit Schlagzeilen. Ob Südkreuz in Berlin, ob Face ID beim iPhone, ob Software, die angeblich die sexuelle Ausrichtung festzustellen vermag – es existieren zahlreiche Anwendungs- und Missbrauchsmöglichkeiten. Der WDR hat in seiner Sendung Cosmo am 14. September 2017 Oliver Bendel zum Thema befragt. Ob er Angst habe, wollte Sümeyra Kaya u.a. wissen, und der in der Schweiz lebende Informations- und Maschinenethiker räumte ein, dass dies der Fall sei. Sein Gesicht gehöre ihm, führte er aus, und er wolle nicht, dass es von allen möglichen Personen, Gruppen und Parteien aufgenommen werde. „Schon gar nicht will ich, dass mein Alter, mein Geschlecht, meine Gesundheit etc. festgestellt werden. Natürlich kann jeder auf der Straße sehen, wer ich bin, aber ich habe die Chance, auch dem anderen ins Gesicht zu schauen. Es besteht ein gewisses Gleichgewicht. Im Falle von Gesichtserkennungssoftware schaut mich ein Unbekannter an, und ich sehe ihn nicht nur nicht, ich weiß auch nicht, welche Absichten er verfolgt, welche Daten er sammelt und auswertet, was er mit den Ergebnissen macht. Es besteht ein Ungleichgewicht, und es besteht ein Risiko: Vielleicht erfährt meine Krankenkasse, dass ich dick geworden bin, und will mich von bestimmten Zusatzleistungen ausschließen.“ In der Schweiz ist das beispielsweise möglich. Online ist Cosmo über www1.wdr.de/radio/cosmo/programm/index.html erreichbar.

Abb.: Ein Paar macht Selfies

Virtuelle Realität im Funkhaus Europa

Bei „Funkhaus Europa – Cosmo“ war Claudia D’Avino am 6. Dezember 2016 im Gespräch mit Oliver Bendel. Im ersten Interview unterschied der Technikphilosoph und Wirtschaftsinformatiker, der live aus dem SRF-Studio in Zürich zugeschaltet war, in Virtual Reality, Augmented Reality und eine Realität, in der Software- und Hardwareroboter zugegen sind. Er berichtete von eigenen Erfahrungen mit Oculus Rift. Im zweiten erklärte er, was moralische und unmoralische Maschinen sind, und gab Beispiele für Prototypen. Im dritten ging es um Gewalt im Virtuellen, mit Hilfe von Waffen oder über Formen der Sexualität. Oliver Bendel wies auf den Unterschied zwischen Büchern und Filmen auf der einen Seite und Computerspielen und VR-Anwendungen auf der anderen Seite hin. Dort sei man eher passiv, man konsumiere und lasse die Phantasie schweifen, hier sei man eher aktiv, man agiere und lebe die Phantasien aus. Als Ethiker würde er an dieser Stelle gerne zurücktreten und die Mediziner und Psychologen vortreten lassen. Wenn etwa Therapien möglich seien mit Hilfe der virtuellen Realität, dürfe es nicht zu vorschneller Ächtung von Gewalt in dieser kommen. Weitere Informationen zur Sendung und der Podcast über www.wdr.de.

Abb.: Das Funkhaus Europa sitzt in Köln