Das Ende der Telefonauskunft

Die Telefonauskunft der Telekom (des früheren Fernmeldeamts) ist Geschichte. Seit dem 1. Dezember 2024 ist die Nummer 11833 nicht mehr erreichbar. In Spitzenzeiten arbeiteten in einer Telefonauskunft wie der von Ulm dutzende Frauen und Männer gleichzeitig. Dabei waren es fast nur Frauen. Einer der wenigen Männer in den 1980er-Jahren war Oliver Bendel, der den Gebrauch der Mikrofichegeräte und den Umstieg auf Computer in seinem Buch „Die Rache der Nerds“ (2012) schilderte. Er wies darauf hin, dass wie in vielen Projekten der Digitalisierung die Qualität erst einmal abnahm: „Vorher konnten wir, wie in einem Telefonbuch, eine Spalte absuchen. Wir konnten den Anrufern Vornamen oder Straßen oder gar eine andere Schreibweise des Nachnamens vorschlagen. In solchen Fällen hatte das Nachfragen häufig Erfolg gehabt; man erinnerte sich auf der anderen Seite der Leitung und ergänzte seine Angaben nach Möglichkeit. Mit dem Computer konnten wir nur den Nachnamen und die Stadt eintippen, und entweder es kam etwas dabei heraus oder es kam nichts dabei heraus. Bei einer unklaren oder falschen Schreibweise des Namens war nichts zu machen, selbst wenn im Telefonbuch der Name gleich daneben zu finden war.“ (Bendel 2012) Damals finanzierte Oliver Bendel sein Studium der Philosophie an der Universität Konstanz. Um die Jahrtausendwende promovierte er an der Universität über Chatbots, Sprachassistenten und frühe soziale Roboter in Lernumgebungen, sogenannte pädagogische Agenten. Seit 2009 ist er Professor an der Hochschule für Wirtschaft FHNW.

Abb.: Frauen an Mikrofichegeräten (Foto: Wikimedia, Friedrich Magnussen, Stadtarchiv Kiel, CC BY-SA 3.0 DE)

Michael Ende über Bücher und Computer

„Vor fünfzig Jahren erschien ‚Momo‘, Michael Endes Roman über eine Anti-Barbie, der erst später zum Welterfolg wurde.“ Mit diesen Worten beginnt ein lesenswerter Artikel von Julia Voss in der FAZ vom 3. September 2023. Im Sommer 1984 führte Oliver Bendel mit dem berühmten Schriftsteller ein schriftliches Interview. Dieses war über den Thienemann-Verlag in Stuttgart eingefädelt worden, bei dem Michael Ende gerade Halt machte. Der Lektor Roman Hocke betreute den jungen Oliver Bendel im Auftrag des Förderkreises deutscher Schriftsteller. Eine Frage lautete: „Zukunftsaussichten für das Buch – wird der Tag kommen, an dem man anstatt zu lesen sich lieber mit neuen Medien oder Computern beschäftigt?“ Die Antwort ließ an Deutlichkeit nichts vermissen: „8) ME glaubt, dass Computer u. dgl. n i e Bücher ersetzen werden.“ Oliver Bendel schrieb später in einem Beitrag: „Derjenige, der die Antworten aufschrieb, war ein Meister der Abkürzung, und dass der Meister selbst abgekürzt wurde, rückte diesen in die Nähe von Unsterblichen, mehr als eine Dekade vor seinem Tod. „Computer u. dgl.“ – besser kann man es nicht sagen, wenn man es abfällig meint. Und das gesperrte „n i e“ – schöner kann man es nicht setzen, nicht einmal mit den heutigen technischen Möglichkeiten.“ In dem FAZ-Artikel kommen zwei Personen ausführlich zu Wort, nämlich Lucas Zwirner, der vor zehn Jahren eine Momo-Ausgabe mit neuen Illustrationen initiiert hatte, und Roman Hocke, der inzwischen den Nachlass des Schriftstellers betreut. Am Ende fragt ihn Julia Voss: „Ist es völlig verrückt, wenn mir bei der Titelillustration von ‚Momo‘ Caspar David Friedrichs berühmtes Bild ‚Wanderer über dem Nebelmeer‘ einfällt?“ (FAZ, 3. September 2023) Und Roman Hocke antwortet: „Auf alle Fälle hat sich Michael Ende mit der Romantik sehr beschäftigt. Die Blume – Endes Stundenblume – ist ein altes romantisches Motiv. Es ist schließlich kein Zufall, dass Ende seinen Roman ‚Ein Märchenroman‘ genannt hat. Keines seiner Bücher schließt so klar an die Tradition der deutschen Romantik an.“ (FAZ, 3. September 2023)

Abb.: So stellt sich Ideogram das Cover von „Momo“ vor