Maori Girl schreibt und spricht Maori

Conversational Agents sind seit einem Vierteljahrhundert ein Forschungsgegenstand von Prof. Dr. Oliver Bendel. Ihnen – genauer gesagt den Pedagogical Agents, die man heute wohl Virtual Learning Companions nennen würde – widmete er seine Doktorarbeit an der Universität St. Gallen von Ende 1999 bis Ende 2022. Seit 2009 ist er Professor an der Hochschule für Wirtschaft FHNW. Ab 2012 entstanden vor allem Chatbots und Sprachassistenten im Kontext der Maschinenethik, unter ihnen GOODBOTLIEBOTBESTBOT und SPACE THEA. 2022 wandte sich der Wirtschaftsinformatiker und Technikphilosoph dann toten und gefährdeten Sprachen zu. Unter seiner Betreuung entwickelte Karim N’diaye den Chatbot @ve für Latein und Dalil Jabou den mit Sprachausgabe erweiterten Chatbot @llegra für Vallader, ein Idiom des Rätoromanischen. Derzeit testet er die Reichweite von GPTs – „custom versions of ChatGPT“, wie OpenAI sie nennt – für gefährdete Sprachen wie Irisch (Irisch-Gälisch), Maori (offiziell „Māori“ geschrieben) und Baskisch. Nach Auskunft von ChatGPT gibt es zu ihnen relativ viel Trainingsmaterial. Am 9. Mai 2024 wurde – eine Woche nach Irish Girl – eine erste Version von Maori Girl erstellt. Sie scheint die polynesische Sprache des indigenen Volks in Neuseeland dem ersten Anschein nach durchaus im Griff zu haben. Man kann sich die Antworten auf Englisch oder Deutsch übersetzen lassen. Maori Girl ist im GPT Store verfügbar und wird in den nächsten Wochen weiter verbessert.

Abb.: Maori Girl schreibt und spricht Maori (Bild: Ideogram)

Vale, @ve!

Im Jahre 2022 wurde das Projekt @ve durchgeführt. Seit Ende November 2023 liegt dazu ein Working Paper vor. Der Chatbot basierte auf GPT-3.0 von OpenAI, also auf einer älteren Version des Sprachmodells. Initiiert hat das Projekt Prof. Dr. Oliver Bendel, der sich toten, ausgestorbenen und gefährdeten Sprachen widmet. Entwickelt wurde @ve von Karim N’diaye, der an der Hochschule für Wirtschaft FHNW Wirtschaftsinformatik studiert hat. Man konnte sich mit ihr auf Lateinisch unterhalten, also in einer toten Sprache, die dadurch gewissermaßen lebendig wird, und ihr Fragen zur Grammatik stellen. Getestet wurde sie von einer einschlägigen Expertin. Ein Nutzen besteht laut Karim N’diaye darin, dass man rund um die Uhr auf Latein kommunizieren kann und dabei überlegen muss, was und wie man schreibt. Eine Gefahr sei, dass immer wieder Fehler in den Antworten enthalten sind. So ist zuweilen die Wortreihenfolge nicht korrekt. Zudem kann es sein, dass der Sinn verdreht wird. Dies kann bei einem menschlichen Lehrer freilich auch passieren, und der Lernende sollte in jedem Falle wachsam sein und nach Fehlern suchen. Ohne Zweifel war @ve ein Tool, das mit Gewinn in den Lateinunterricht hätte integriert werden können. Dort hätten die Schüler berichten können, was sie mit ihr zu Hause erlebt haben, und sie hätten mit ihr vor Ort alleine oder in der Gruppe, vom Lehrer begleitet, einen Schwatz halten können. Der Chatbot wurde aus privaten Mitteln des Wissenschaftlers und seines ehemaligen Studenten finanziert. Es fand sich kein Träger für ihn. Daher wurde er Anfang 2024 eingestellt. Vale, @ve!

Abb.: Vale, @ve!