Zur Beziehung von Tier- und Maschinenethik

In der Zeitschrift „Artificial Intelligence & Society“ ist im Dezember 2013 der Artikel „Considerations about the relationship between animal and machine ethics“ von Oliver Bendel erschienen. Es ist einer der ersten Beiträge, der Tierethik und Maschinenethik in einen Zusammenhang stellt. Im Abstract heißt es: „Ethics researches morality in respect to humans and animals. Usually, it implies human morality; therefore, the focus is on human–human relationships (generally in ethics) and human–animal relationships (in animal ethics). Ethics can also deal with the morality of machines such as unmanned aerial vehicles, robots and agents or of self-driving cars and computers in automated trading, in other words more or less autonomous systems and programs.“ Auf solche Systeme wird eingegangen, aber nicht im Verhältnis zum Menschen, sondern zum Tier. Und das ist innerhalb der Maschinenethik neu: „Machine ethics almost exclusively concentrates on machine–human relationships rather than on machine–animal relationships. Before this background, this article contributes some basic considerations about the relationship between animal and machine ethics.“ Am Rande wird eine Disziplin der Tier-Maschine-Interaktion (Animal-Machine Interaction) vorgeschlagen. Der Artikel ist als „Online-First“-Beitrag auf SpringerLink verfügbar.

Abb.: Zwei Schildkröten

Ist unsere Privatsphäre in Gefahr?

Die TA-SWISS weist in ihren E-News vom 10. Dezember 2013 auf eine Veranstaltung hin. Am Montag, 16. Dezember 2013 um 18.30 Uhr diskutieren Jean-Marie Chenou (Politikwissenschaftler Universität Lausanne), Sami Coll (Soziologe Universität Genf), Stéphane Koch (Spezialist für Informationssicherheit) und Jean-Henry Morin (Assoz. Professor für Informationssysteme, Universität Genf) zu Datengenerierung, -erhebung und -missbrauch und Fragen wie „Wozu dienen all diese Daten?“ und „Ist unsere Privatsphäre in Gefahr oder ist Überwachung ein notwendiges Übel?“ … Ein Informationsethiker wurde offenbar nicht eingeladen. In den E-News vom 10. Dezember 2013 heißt es: „Ob zu Hause am Bildschirm, unterwegs in der Stadt oder auf Reisen: wo immer wir uns befinden, hinterlassen wir Datenspuren, die registriert und gespeichert werden. Unser Handy gibt Auskunft darüber, wo wir uns aufhalten. Die Kredit- und Treuekarten, die wir verwenden, geben Hinweise auf unser Kaufverhalten. Was immer wir tun oder lassen: Tausende von Sicherheitskameras im öffentlichen Raum und in Privatgebäuden zeichnen es getreulich auf. Und auch wenn wir im Internet surfen, füttern wir mit jedem Mausklick gigantische Datenbanken.“ Die Leitung des sogenannten Wissenschaftscafés obliegt Danielle Bütschi von der TA-SWISS. Ort der Veranstaltung ist das Musée d’histoire des sciences in Genf.

Abb.: Die 2012 eröffnete Rolex-Brücke in Genf

MOOC zur Technikethik

Der Coursera-Kurs „Technology and Ethics“ von Robert Bailey (The Ohio State University) findet ab 21. April 2014 statt und dauert sieben Wochen. Das Arbeitspensum beträgt laut Anbieter 3 bis 5 Stunden pro Woche, die Sprache ist Englisch. Der Kursinhalt wird wie folgt beschrieben: „Example technologies at play today include nuclear energy; biological manipulations for warfare; robots for taking care of the elderly, and enhancing human capability; the use of technology for surveillance; the cultural changing power of the media which can create unlimited arrays of images real and virtual to support a point of view; and the internet with its world wide connectivity.“ (Website des Anbieters) Ob im Falle der Pflege- und Haushaltsroboter auch die Maschinenethik einbezogen wird, ist nicht bekannt. Die Informationsethik wird – neben der Medizinethik – sicherlich berücksichtigt. Weitere Informationen über www.coursera.org/course/techethics.

Abb.: Roboter können auch in der Pflege eingesetzt werden

Wie kann man gute Autos noch besser machen?

Der Artikel „Ich bremse auch für Tiere: Überlegungen zu einfachen moralischen Maschinen“ von Oliver Bendel ist am 4. Dezember 2013 in inside-it.ch erschienen (direkt über www.inside-it.ch/post/ich-bremse-auch-fuer-tiere-20131204). Er hebt an mit den Worten: „Wie kann man gute Autos noch besser machen? Oder gute Drucker? Oder gute Sauger? Indem man ihnen Manieren und Moral beibringt. Für das eine ist der Knigge zuständig, für das andere die Philosophie – seit nunmehr 2500 Jahren.“ Es wird kurz erläutert, was Maschinenethik ist und was „Moralisieren“ im vorliegenden Kontext bedeutet – dann werden verschiedene Beispiele genannt, die teilweise auch für IT-Unternehmen relevant sind und mehrheitlich mit dem Leben oder dem Tod von Menschen und Tieren zu tun haben. Konkret werden Chatbots, Haushalts- und Gartenroboter, private Drohnen, selbstständig fahrende Autos, Windkraftanlagen und 3D-Drucker aus Sicht der Maschinenethik skizziert. Damit denkt der Autor das Konzept der einfachen moralischen Maschinen weiter, das er auf der Plattform KMU Business World entwickelt hatte. Der Beitrag endet mit dem Satz: „Jedes (teil-)autonome System steht eines Tages vor der gleichen Herausforderung. Es kann gut sein und bleiben – oder es kann besser werden, als Teil einer technischen und moralischen Evolution.“

Abb.: Ich bremse auch für Tiere

Informationsethik in Bibliotheken

Die Ergebnisse des EU-Projekts „Digital Literacy 2.0“ werden am 22. Januar 2014 ab 10.30 Uhr in Berlin (Hotel Aquino, Hannoversche Straße 5b) vorgestellt. Ab 11.30 Uhr werden drei Workshops durchgeführt, „DLit2.0 and special target groups“, „DLit2.0 and seniors“ und „DLit2.0 and libraries“. Um 16 Uhr findet eine Paneldiskussion zum Thema „Information ethics in Libraries and other Public Internet Access Points – what role can Open Educational Resources and training curricula like DLit2.0 play?“ statt. Auf der Website www.digital-literacy2020.eu heißt es: „External speakers are invited to join the panel. If you like to share your ideas as speaker please contact kschuberth@digitale-chancen.de.“ Weitere Informationen sind über die genannte Website verfügbar.

Abb.: Eine Benutzerin in der Bibliothek

Die Informationsethik in der Mitte der Bereichsethiken

Die Informationsethik hat die Moral (in) der Informationsgesellschaft zum Gegenstand. Sie untersucht, wie wir uns, Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) und neue Medien anbietend und nutzend, in moralischer Hinsicht verhalten bzw. verhalten sollen. In den letzten Jahren ist sie in die Mitte der Bereichsethiken gerückt. Diese hängen mehr und mehr von der Informationsethik ab. Der Artikel „Die Medizinethik in der Informationsgesellschaft“ von Oliver Bendel untersucht das Verhältnis zwischen der Informationsethik und den anderen Bereichsethiken am Beispiel der Medizinethik. Er ist nun in der gedruckten Ausgabe der Zeitschrift Informatik-Spektrum erschienen (Jahrgang 36, Heft 6, S. 530 – 535; „Cover Date“ ist der 1. Dezember 2013). Bereits vor einem Jahr ist er als „Online-First“-Artikel über SpringerLink herausgekommen. Enthalten ist im Artikel das „Ethik-Ei“, das aus dem „Ethik-Dekagon“ hervorgegangen ist und die zentrale Stellung der Informationsethik visualisiert und skizziert.

Abb.: Oliver Bendel im Jahre 2013 (Foto: Stefanie Hauske)

Buridans Robot oder: Der moderne Esel

Buridans Esel ist in der ursprünglichen Version von Aristoteles ein Mann, der zwischen Speis und Trank verenden muss, weil er genauso hungrig wie durstig ist. Schon dieser Mann ist offensichtlich ein Esel, weil er sich nicht zwischen verschiedenen Dingen mit gleichen Reizen entscheiden kann. Buridan selbst, der zu Unrecht als Urheber des Gleichnisses gilt, spricht von einem Wanderer und einem Segler, in einem Kommentar zu einem Text des alten Griechen auch von einem Hund, der zwei Lebensmittel – um es frei zu übertragen – ratlos beäugt und beschnuppert. Das Grautier haben vermutlich die Gegner des Philosophen und Physikers aus dem 14. Jahrhundert erfunden, um die vermeintliche Eselei zu veranschaulichen. Es handelt sich aber keineswegs um eine solche, sondern um ein Gedankenexperiment, das bis heute von Interesse und Bedeutung ist. Dieses Experiment wird im Artikel „Buridans Robot“ von Oliver Bendel in der modernen Welt durchgeführt. Es geht um maschinelle Dilemmata und mögliche Lösungsstrategien. Der Artikel ist am 20. November 2013 bei Telepolis erschienen.

Abb.: Diese Esel verhungern nicht

Lokalisiert und identifiziert

Das Smartphone ist ein Glücksfall für alle, die Orte und Einrichtungen finden und mit Freunden kommunizieren oder aber Menschen verfolgen, überwachen und ausspionieren wollen. Das hat auch die TA-SWISS erkannt, und so widmet man sich in einer aktuellen Studie diesem Thema. In einer Pressemitteilung vom 8. November kündigt man einen Vortrag an: „Die Schweizerische Organisation für Geo-Information beleuchtet an ihrem Feierabend-Forum von Montag, 25. November 2013 (Universität Freiburg) die Chancen und Risiken von Ortungstechnologien im Handy. Prof. Lorenz Hilty, Empa, wird anhand der TA-SWISS-Studie ‚Lokalisiert und identifiziert‘ aufzeigen, wie die zahlreichen Möglichkeiten und Dienstleistungen im Bereich der standortbezogenen Daten unser Leben verändern, und TA-SWISS-Geschäftsleiter Sergio Bellucci wird erläutern, warum sich TA-SWISS mit dem Thema auseinandergesetzt hat.“ (Zitat aus der Mitteilung)

Abb.: Mädchen mit Handy

Roboterethik in Wien

Prof. Dr. Robert Trappl hält am 12. November 2013 im Austrian Research Institute for Artificial Intelligence (OFAI) einen Vortrag mit dem Titel „Ethik für Roboter – ein brisantes Forschungsgebiet“. In der Pressemitteilung heißt es: „Wenn Roboter Partner am Arbeitsplatz werden oder wenn sie für längere Zeit mit älteren Menschen oder Menschen mit speziellen Bedürfnissen zusammenleben werden, um ihnen ein selbstbestimmtes Leben in ihren eigenen Räumen zu ermöglichen, werden durch diese komplexen sozialen Situationen immer häufiger ethische Fragen und deren Beantwortung eine Rolle spielen.“ Im September 2013 waren auf Einladung des OFAI Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler „aus Frankreich, den Niederlanden, Österreich, Portugal, Ungarn und den USA in Wien zusammengekommen, um Voraussetzungen, Methoden, Implementierungen und Tests für ein Entwicklungshandbuch für ethische Systeme für Roboter zu diskutieren“ (Zitat aus der Pressemitteilung). In dem Vortrag wird eine Einführung in das Forschungsgebiet gegeben, und es werden erste Ergebnisse präsentiert. Er findet ab 18.30 Uhr am Institut (Freyung 6, Stiege 6, 1010 Wien, Österreich) statt.

Abb.: In Wien

„Information ethics can give a new impetus“

In den VμE-Nachrichten, herausgegeben vom Fraunhofer-Verbund Mikroelektronik, erschien im Sommer 2013 ein Interview zu Informations- und Maschinenethik. Oliver Bendel erklärte, was man sich unter diesen Disziplinen vorstellen kann, ging auf die Einflussmöglichkeiten von Forschern ein und wünschte sich die Stärkung der philosophischen Ethik gegenüber der theologischen bzw. theonomen. Inzwischen ist die englische Version der Zeitschrift erschienen, mitsamt dem Interview auf den Seiten 8 und 9. Es wird mit folgenden Worten eingeleitet: „Technological progress opens up new opportunities for action that make our lives safer and more comfortable – as long as we take advantage of it responsibly. VμE spoke to the commercial computer scientist and author Prof. Oliver Bendel about the ethical dimension of research, and current issues.“ Die englischsprachige Zeitschrift ist als PDF verfügbar.

Abb.: Oliver Bendel im Sommer 2012, ein Jahr vor dem Interview

Was ist Informationsethik?

Was ist Informationsethik? Eine Antwort auf diese Frage gibt ein neuer Beitrag in der Enzyklopädie der Wirtschaftsinformatik. Diese wird von den Professorinnen und Professoren Karl Kurbel, Jörg Becker, Norbert Gronau, Elmar Sinz und Leena Suhl herausgegeben und ist nach eigenen Angaben ein umfassendes Nachschlagewerk, das wesentliche Begriffe aus der Wirtschaftsinformatik erläutert und für alle online frei zugänglich ist. Die 7. Auflage vom Herbst 2013 enthält ca. 1000 Einträge, darunter über 600 Stichwortartikel. Der neue Artikel von Oliver Bendel hebt mit den Worten an: „Die Informationsethik, zu der man Computer-, Netz- und Neue-Medien-Ethik zählen kann, hat die Moral (in) der Informationsgesellschaft zum Gegenstand. Sie untersucht, wie wir uns, Informations- und Kommunikationstechnologien und neue Medien anbietend und nutzend, in moralischer Hinsicht verhalten respektive verhalten sollen.“ Und er schließt mit der wichtigen Erkenntnis: „Man kann Informationsethik und Technikfolgenabschätzung … innerhalb der Wirtschaftsinformatik betreiben, etwa in dem Sinne, dass man sie in die Lehre integriert oder interdisziplinäre Teams und Gruppen aufbaut.“

Abb.: Eine junge Frau in der Bibliothek

Neue Plattform zur Informationsethik

Die Informationsethik widmet sich, um nur ein paar Beispiele zu nennen, den Risiken von Anonymität und Identifizierbarkeit im Netz, dem Verlust der Privatheit durch soziale Medien und Überwachungssysteme, den Gefahren durch Automatismen und technische Manipulationen, den Auswirkungen der digitalen Piraterie, der Zunahme von Cybermobbing und -stalking, der Omnipräsenz von Informations- und Kommunikationssystemen sowie der Abhängigkeit von IT-Unternehmen und IT. Seit 1. September 2013 wird in der Schweiz informationsethik.info aufgebaut. Es handelt sich um eine webbasierte Informations- und Kommunikationsplattform, die Privatpersonen, Schülerinnen und Schüler, Studierende und Dozierende sowie Mitarbeitende von Unternehmen mit der Informationsethik und mit den Grundfragen der Medienkompetenz vertraut machen und bei damit verbundenen Anliegen unterstützen soll. Die Plattform zielt vor allem auf das Wissen und Lernen und dient der Aufklärung der Mitglieder der Informationsgesellschaft und dem Aufbau der Wissensgesellschaft. Es wird auf eigene und fremde Definitionen, Kurzdarstellungen, Fallbeschreibungen und anderes Material sowie auf Linksammlungen und Vernetzungsmöglichkeiten gesetzt, um das problembezogene und informelle Lernen zu ermöglichen. Die Plattform wird vom Institut für Wirtschaftsinformatik der Hochschule für Wirtschaft FHNW verantwortet. Initiator und Projektleiter ist Prof. Dr. Oliver Bendel. Die Ernst Göhner Stiftung unterstützt die Plattform finanziell.

Der Lügenbot

In seinem Artikel „Der Lügenbot und andere Münchhausen-Maschinen“ geht Oliver Bendel der Frage nach, ob Chatbots, Roboter und andere Maschinen lügen können. Dabei betont er die Sprachlichkeit des Lügens. Wer etwas sagen kann, so der Autor, der kann auch die Unwahrheit sagen. Den meisten Maschinen unterstellen wir, dass sie die Wahrheit sagen. Wir vertrauen den Aussagen einer Anna von Ikea, einer Siri von Apple und von Wolfram Alpha. Aber alle drei könnten ganz anders, wenn sie – oder ihre Entwickler – wollten. Man könnte Lügenmaschinen bauen, die mit falschen Versprechungen locken, das Blaue vom Himmel erzählen – und uns letztlich irritiert und verunsichert zurücklassen. Das müssen auch Unternehmen berücksichtigen, und sie müssen etwas dafür tun, damit unser Vertrauen in die Maschinen gerechtfertigt ist. Der Artikel ist am 11. September 2013 auf der Plattform CyberPress erschienen und direkt über www.mittelstandswiki.de/wissen/Gastbeitrag:Maschinenethik aufrufbar.

Abb.: Er ist bekannt für seine Lügen

Einfache moralische Maschinen

Auf der Plattform KMU Business World ist am 30. August 2013 der Artikel „Einfache moralische Maschinen“ von Oliver Bendel erschienen. Eine Vorabveröffentlichung brachte der Blog des Instituts für Wirtschaftsinformatik der Hochschule für Wirtschaft FHNW. Moralische Maschinen sind nach der Meinung des Philosophen und Wirtschaftsinformatikers bereits heute möglich. Man dürfe sie nur nicht zu kompliziert denken und zu komplex gestalten. Wenn es sich um spezialisierte autonome oder teilautonome Systeme handele, könne man bei ihren Kernfunktionen ansetzen und sie mit geringfügigen Änderungen, mit wenigen zusätzlichen Komponenten in einfache moralische Maschinen verwandeln. Wie das geschehen kann, wird an vier Beispielen gezeigt, an Servicerobotern, privaten Drohnen, Chatbots und selbstständig fahrenden Autos.

Abb.: Eine einfache moralische Maschine kann man einfach umsetzen

Die Moral der Algorithmen

In einem Interview mit der TAZ vom 10. August 2013 spricht Yvonne Hofstetter auch über die Moral von Algorithmen. Die Geschäftsführerin der Teramark Technologies GmbH wird gefragt: „Algorithmen sind im Grunde Roboter. Gibt es für sie eine Ethik?“ Sie antwortet: „Die Technologen beschäftigen sich mit diesen Fragen. Welche Ethik, welche Moralvorstellungen brauchen wir? Was kann man in die Maschinen hinein programmieren? Aus der philosophischen Ecke, also von denen, die sich mit gesellschaftlichen Entwicklungen beschäftigen, kommt hingegen nichts oder wenig. Die Philosophie sieht offenbar noch nicht, dass eine Sturzwelle an intelligenten Technologien auf uns zurollt.“ Nun ist die Maschinenethik in den USA, in Kanada, Australien, Japan und Holland eine weit entwickelte Disziplin, zu der KI-Experten genauso beitragen wie Philosophen. Die Informationsethik, die sich auf die moralischen Implikationen des Einsatzes von Informations- und Kommunikationstechnologien bezieht, ist gar eine traditionsreiche Disziplin, auch in Bezug auf Algorithmen und Maschinen. Es ist aber in der Tat so, dass im deutschsprachigen Raum erheblicher Nachholbedarf besteht, dass die Ethik von Lobbyorganisationen bekämpft und von Kirchen missbraucht wird. Grundsätzlich muss man unterscheiden zwischen der Maschinenethik (begriffen als Pendant zur Menschenethik) und der Informationsethik, die Computer-, Netz- und Neue-Medien-Ethik umfasst. Beide sind wichtig, wobei die eine eher technologiegestaltend, die andere eher problemanalysierend und lebensgestaltend unterwegs ist und in gewisser Weise gilt: Die Informationsethik löst die Probleme, die die Maschinenethik verursacht.

Abb.: Die Moral der Algorithmen

Interview mit Oliver Bendel in den VμE-Nachrichten

In den VμE-Nachrichten, die vom Fraunhofer-Verbund Mikroelektronik herausgegeben werden, erschien im Juli 2013 (Nummer 51) ein Interview zu Informations- und Maschinenethik. Oliver Bendel erklärte, was man sich unter diesen Disziplinen vorstellen kann, ging auf die Einflussmöglichkeiten von Forschern ein und wünschte sich die Stärkung der philosophischen Ethik gegenüber der theologischen bzw. theonomen. Zwei Fragen von Tina Möbius betrafen die Sicht der Informationsethik auf aktuelle Forschungsfelder von Fraunhofer-Instituten, etwa auf Telemedizin und Smart Living. Bendel sprach sich für die informationelle Autonomie von Patienten aus und warnte vor unerwünschten Datentransfers aus den eigenen vier Wänden heraus: „Ein wirklich intelligentes Haus ist eines, das mich nicht in unangenehme Situationen bringt.“ Mit dieser Aussage war man am Ende bei der Maschinenethik angelangt.

Abb.: Cover des Fraunhofer-Magazins

Roboterethik im Gabler Wirtschaftslexikon

Im Gabler Wirtschaftslexikon wird seit 3. Juli 2013 die Roboterethik definiert. Diese kann man sowohl der Maschinen- als auch der Menschenethik zuordnen. In der Roboterethik werde danach gefragt, ob ein Roboter ein Subjekt der Moral sein und wie man diese implementieren kann. Auch der Roboter als Objekt der Moral sowie sein Einfluss auf Menschen sei von Belang. Oliver Bendel erklärt in seinem Beitrag den Begriff der Roboterethik, nimmt die Perspektive der Robotik ein, erwähnt die Robotergesetze von Asimov und gibt eine Einschätzung der Disziplin und einen Ausblick auf ihre weitere Entwicklung. Der Beitrag ist direkt über wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/roboterethik.html abrufbar. Er wurde dem Sachgebiet „Grundlagen der Wirtschaftsinformatik“ zugewiesen. Für das Gabler Wirtschaftslexikon schreiben nach eigenen Angaben über „150 Experten aus Wissenschaft und Praxis“. Mehr als „25.000 Stichwörter stehen kostenlos“ bereit.

Abb.: Trau Robotern nicht

Der GOODBOT in der UnternehmerZeitung

Ein Artikel in der UnternehmerZeitung vom 2. Juli 2013 geht auf das GOODBOT-Projekt ein, das im Juni 2013 an der Hochschule für Wirtschaft FHNW gestartet ist. Der „moralische Chatbot“ soll auch auf Selbstmorddrohungen oder Ankündigungen von Amokläufen adäquat reagieren und überhaupt ein angenehmer Zeitgenosse (und trotzdem kein Langweiler) sein. Es werden sieben Regeln genannt, die „hinsichtlich seiner Akte und Sprechakte gegenüber dem Benutzer“ gelten sollen. Dazu gehört auch eine Transparenzregel: „Der GOODBOT macht dem Benutzer klar, dass er eine Maschine ist.“ (Regel 1) Und eine Regel zur Beobachtung: „Der GOODBOT ist kein Spitzel und wertet Gespräche mit dem Benutzer nicht aus.“ (Regel 6) Für das Projekt wurden verschiedene konzeptionelle Vorleistungen wie der Regelkatalog erbracht. Von Juni 2013 bis Januar 2014 arbeiten sich drei Studierende der Hochschule in die Maschinenethik und die Roboterethik ein und entwickeln einen Prototyp. Initiator und Leiter des Projekts ist der Philosoph und Wirtschaftsinformatiker Oliver Bendel. Der Artikel ist in der siebten Ausgabe der UnternehmerZeitung auf den Seiten 30 und 31 zu finden.

Abb.: Der GOODBOT ist kein Spitzel

Zur Robotik im Gesundheitsbereich

Heidrun Becker, Mandy Scheermesser, Michael Früh, Yvonne Treusch, Holger Auerbach, Richard Alexander Hüppi, Flurina Meier sind die Autorinnen und Autoren der Studie „Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung“, die 2013 im vdf Hochschulverlag herausgekommen ist. Herausgeber ist die TA-SWISS, das „Zentrum für Technologiefolgen-Abschätzung“ der Schweiz, das in Bern angesiedelt ist. In der Zusammenfassung heißt es: „Die vorliegende Studie erhebt den Ist-Stand und Makrotrends zu Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung. Sie ermittelt Chancen und Risiken im Hinblick auf einen technisch machbaren, wirtschaftlich realisierbaren und ethisch wünschenswerten Einsatz von Robotik im Gesundheitswesen und formuliert auf dieser Grundlage Empfehlungen für Politiker und andere Entscheidungsträger.“ Die Autorinnen und Autoren kommen zu dem Schluss: „Bislang existiert kein universell akzeptiertes Set von ethischen Prinzipien für den Einsatz von Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung. Ethische Werte wie Autonomie, Schutz vor Schaden, Fürsorge und Gerechtigkeit sind aber auch auf den Einsatz von Robotik anzuwenden.“ Die Studie kann über die Website www.ta-swiss.ch heruntergeladen werden.

Abb.: Der Gerechtigkeitsbrunnen in Bern

Der GOODBOT kommt auf die Welt

Viele Benutzer mögen Chatbots auf Websites und unterhalten sich gerne mit ihnen. Dabei spielen Produkte und Dienstleistungen meist eine untergeordnete Rolle. Man will das virtuelle Gegenüber ausfragen, mit ihm flirten, es necken und reizen. Wenn man in Schwierigkeiten steckt, will man eine Antwort erhalten, die einen nicht noch mehr entmutigt und verstört. Die meisten Bots sind in dieser Hinsicht völlig überfordert. Auf Selbstmorddrohungen oder Ankündigungen von Amokläufen reagieren sie inadäquat. In einem Projekt an der Hochschule für Wirtschaft der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW wird unter der Leitung von Oliver Bendel eine moralische Maschine besonderer Art, nämlich ein sogenannter GOODBOT, konzipiert und prototypisch implementiert. Zunächst werden theoretische Grundlagen im Kontext der Maschinenethik erarbeitet. Es interessiert unter anderem, welche normativen Modelle maschinell verarbeitbar sind. Dann werden ausgewählte Chatbots auf Websites sowie Sprachassistenten wie Siri analysiert und verglichen sowie Erkenntnisse zu Systemen solcher Art gewonnen. Ein vorhandener Regelkatalog soll daraufhin überprüft werden, ob er in einem regelbasierten System umgesetzt bzw. wie er angepasst werden kann. Nicht nur Top-down-, sondern auch Bottom-up-Ansätze sollen erwogen werden. Zudem ist relevant, inwieweit soziale Medien und leibhaftige Menschen moralische Referenzpunkte bilden können. Das Projekt hat im Juni 2013 begonnen. Informationen zum Initiator und Projektleiter über www.fhnw.ch/personen/oliver-bendel.

Abb.: Eine Designstudie zum GOODBOT

Weder Wahrheits- noch Lügenmaschinen?

Das Buch „Können Roboter lügen?“ von Raúl Rojas enthält „Essays zur Robotik und Künstlichen Intelligenz“, die von 2011 bis 2013 in der Online-Zeitschrift Telepolis erschienen sind. Rojas ist Professor für Künstliche Intelligenz an der Freien Universität Berlin. Im Kontext der Maschinenethik (und der Roboterethik) ist vor allem der dritte Teil interessant. Im Vorwort heißt es: „Der dritte Teil über Robotik und KI gibt einen Einblick in die Arbeit, die in den letzten Jahren auf diesem Gebiet geleistet worden ist. Wir wären froh, mit Robotern die Eleganz eines Insekts bei der Bewältigung von Hindernissen zu erreichen. Wir können aber schon heute kleine und große Roboter – z.B. autonome Fahrzeuge – mit kognitiven Architekturen ausstatten, die eine effiziente und nützliche Funktionalität erlauben. Die Kapitel über Roboter, die lügen, bzw. über das Watson-System zeigen die zwei Seiten der Medaille: Wie weit die künstliche Intelligenz gekommen ist und wie weit entfernt sie doch noch vom Ziel bleibt.“ Rojas gelangt zum Schluss: „Roboter kennen die Wahrheit nicht, deswegen können sie nicht lügen.“ Das Buch wurde Ende Mai 2013 im Heise Zeitschriften Verlag veröffentlicht und ist u.a. in der Kindle-Edition erhältlich.

Abb.: Der berühmte Baron

Neue Plattform zur Maschinenethik

Die Plattform maschinenethik.net wurde im Frühjahr 2013 gegründet und ist der Maschinenethik und speziell auch der Roboterethik und der Algorithmenethik gewidmet. Im Glossar zur Informationsethik von Oliver Bendel heißt es: „Die Maschinenethik (‚Machine Ethics‘) hat die Moral von Maschinen zum Gegenstand, vor allem von (teil-)autonomen Systemen wie Agenten, Robotern, Drohnen, Computern im automatisierten Handel und selbstständig fahrenden Autos. Sie kann innerhalb von Informations- und Technikethik eingeordnet oder als Pendant zur Menschenethik angesehen werden.“ Kern der Plattform ist ein Blog mit Nachrichten zu Veranstaltungen, Diskussionen, Publikationen und Entwicklungen. Zwei Twitter-Walls bringen die deutsch- und englischsprachigen Tweets zum Thema. Ein Literaturverzeichnis rundet das Angebot ab. Die USA, Kanada, Australien, Japan und Holland forschen intensiv im Bereich der Maschinenethik. Auch aus den deutschsprachigen Ländern sollten Beiträge kommen. Zudem sollten neben KI und Philosophie weitere Disziplinen wie die Wirtschaftsinformatik beitragen.

Abb.: Ein Verkaufsautomat