„Kunst (lat. ‚ars‘) ist das von Menschen geschaffene Künstliche in einem kulturellen Kontext mit einer sozialen Funktion in einer ästhetischen Dimension. Es kann sich um ein Artefakt (das Kunstwerk im engeren Sinne), eine Struktur oder einen Prozess handeln. Der Künstler will sein Geschick zeigen, etwas Besonderes und Schönes auf die Welt oder etwas zur Entfaltung und Anschauung bringen, unter Anwendung von Kulturtechniken wie der Schrift oder der Zeichnung. Eine Triebfeder der Kunst ist die sexuelle Leidenschaft, verwandelt zur kreativen Kraft, die das sexuelle Begehren – gerichtet häufig auf existierende oder imaginierte Personen – unterstützt und den Körper als Objekt einbezieht.“ (Gabler Wirtschaftslexikon) Mit diesen Worten beginnt ein neuer Beitrag von Oliver Bendel im Wirtschaftslexikon von Springer Gabler. In drei weiteren Abschnitten wird die Entwicklung der Kunst dargestellt (dabei wird auch die Digitalkunst erwähnt) und auf den Kunstmarkt sowie Moralisierungsbestrebungen aller Art eingegangen – so beginnt man in Museen und Galerien damit, die Titel von Kunstwerken umzubenennen oder mit Platzhaltern zu versehen. Am Ende heißt es: „Wie die Kunst angesichts solcher Veränderungen die Freiheit bewahren kann, die seit Jahrhunderten unverbrüchlich zu ihr gehört, wird die Zukunft weisen.“ (Gabler Wirtschaftslexikon) Der Beitrag ist am 13. September 2022 erschienen und kann über wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/kunst-123143 aufgerufen werden.
Abb.: Eine Marylin-Monroe-Skulptur in Palm Springs
Harald Naegeli ist einer der wichtigsten Künstler der Schweiz. Er ist, trotz seines hohen Alters und seiner angeschlagenen Gesundheit, immer noch aktiv. Dem Kunsthaus Zürich vermachte er unlängst ein unerwünschtes Geschenk. Die Zeichnung auf der Fassade wurde augenblicklich entfernt, der Sprayer von Zürich, wie er sich seit fünf Jahren wieder nennen darf, verzeigt. Das wiederum rief Berichterstattung und Protest hervor. Eine Medienmitteilung vom 13. Juni 2020, die informationsethik.net vorliegt, gibt zur Auskunft: „Der Stiftungsrat der Stiftung Zürcher Kunsthaus ist nach reiflicher Überlegung zum Schluss gekommen, den Strafantrag gegen Harald Naegeli im Zusammenhang mit den von ihm am Kunsthaus angebrachten Graffiti zurückzuziehen.“ Diese Entscheidung ist zu begrüßen. Vielleicht kann mit den Donationen in Zukunft so umgegangen werden, dass sie dokumentiert, diskutiert und erst dann der Vergänglichkeit anheimgegeben werden. Eine andere Möglichkeit ist die dauerhafte Konservierung, immerhin ein Weg, der anderswo in Zürich gegangen wurde. Eine Kunstethik kann sich dem Wert und Ort der Kunst der Straße widmen, gerade in Zeiten, in denen Gebäude immer wieder geschlossen werden müssen. Eine Philosophie der Kunst mag sich dem Umstand zuwenden, dass die Strichmännchen von Naegeli zu Sensemännern geworden sind, und herausarbeiten, dass sie mit ihrem gebogenen Blatt auf die Vergänglichkeit des Lebens und der Kunst zu zeigen scheinen.
„Ein Gedicht sorgt für Aufregung. Es ist ein schlichtes Gedicht an einer Wand der Alice-Salomon-Hochschule in Berlin. Es ist in Spanisch und stammt aus dem Jahr 1953. Es ist dort an der Giebelwand seit 2011. Eugen Gomringer, Schriftsteller und Begründer der Konkreten Poesie, hatte es, nachdem er den Alice Salomon Poetik Preis 2011 erhalten hat, der Hochschule übergeben.“ So Peter Epperlein in Telepolis vom 30. Oktober 2017. „Trotz seiner Größe von 15 Metern Höhe und 14 Metern Breite wurde es von der breiten Öffentlichkeit kaum beachtet, bis der AStA, die Studentenvertretung, daran Anstoß genommen hat. Es sei frauenverachtend und sollte daher übermalt werden. Die Frau würde als Objekt dargestellt werden. Das Subjekt, der Handelnde sei wieder einmal der Mann. Dies würde die Frauen an die Übergrifflichkeit der Männer, den täglichen Sexismus erinnern, und sei daher ein Symbol der Frauenunterdrückung.“ (Telepolis, 30. Oktober 2017) Das Gedicht liegt nun in einer neuen Fassung von Oliver Bendel vor, wurde von einer Roboterfrau namens Laura eingesprochen (zur Gestaltung wurde SSML verwendet) und kann hier heruntergeladen werden.
Soll man Gedichte in elektronischer Form anbieten, als Handyhaikus, die sich in QR-Codes im gedruckten Buch verbergen, als Klingeltöne, die auf dem Smartphone ertönen, zusammen mit Bildern in einem PDF? Man soll, man darf, man muss. Sicherlich kann sich eine Kunstethik für Produktion und Rezeption interessieren, zusammen mit Informations- und Medienethik. Sicherlich kann man moralische und kunst- und medientheoretische Aspekte thematisieren, auch das Verschwinden des Haptischen, muss sich dann aber auch der Neuerfindung des Sinnlichen widmen. Das Buch „Sanftes Erröten“ wurde bereits 2012 publiziert. Da der Hamburger Haiku Verlag Ende 2016 seine Arbeit eingestellt hat, wird es nun kostenlos über diese Website und die Autorenwebsite von Oliver Bendel zur Verfügung gestellt. Aus dem Klappentext: „Von Herbst 2010 bis Sommer 2011 hat Oliver Bendel Zeichnungen und Gemälde mit Haikus ‚bedichtet‘. Er schrieb auf, was ihm beim Betrachten auf- und einfiel. Für diesen Band ausgewählt wurden 100 Haikus und über 30 Bilder mit unterschiedlicher Auflösung.“ (Klappentext) Entstanden ist ein Buch, das Bilder zeigt, die in ihrer Zeit oft als unmoralisch galten, und Haikus beinhaltet, die nach der Meinung des Autors im schönsten Sinne unmoralisch sind. „Sanftes Erröten“ war der dritte Haikuband von Oliver Bendel nach „handyhaiku“ und „stöckelnde dinger„. „handyhaiku“ war mehrfach in den Medien präsent und kommt auch im Standardwerk „Die Struktur der modernen Literatur“ von Mario Andreotti vor.