Überlegungen zur Politikethik

„Die Politikethik bezieht sich auf moralische Fragen in der Politik. Man spricht auch von politischer Ethik, wobei dieser Begriff mitunter zu Missverständnissen führt, weil darunter eine politisierte, instrumentalisierte Ethik gefasst werden kann. Untersucht werden Prinzipien, Normen und Tugenden der Politik, das Gute und Gerechte im politischen Handeln und die Verantwortung auf Mikro-, Meso- und Makroebene. Mit Blick auf die elektronische Demokratie (E-Demokratie), die Unterstützung der Demokratie mithilfe von Informations- und Kommunikationstechnologien, besteht eine Zusammenarbeit mit der Informationsethik.“ Mit diesen Worten beginnt ein neuer Beitrag im Gabler Wirtschaftslexikon von Oliver Bendel. Es wird der Begriff der Politik definiert – unter Verweis auf Parlamente und Parteien – und in aller Kürze auf das Politikverständnis von Aristoteles eingegangen sowie darauf, dass Umsetzungen in der Politik nicht nur moralisch gut, sondern auch pragmatisch richtig sein sollten. Am Ende heißt es: „Neben der Informationsethik sind andere Bereichsethiken wie Technikethik, Wirtschaftsethik, Rechtsethik und Bioethik wichtig für die Begründung und Begleitung politischer Entscheidungen, zudem die Technikfolgenabschätzung und die Rechtswissenschaft.“ Der Beitrag ist am 9. Mai 2022 erschienen und kann über wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/politikethik-123952 aufgerufen werden.

Abb.: Oliver Bendel im Deutschen Bundestag (Foto: Deutscher Bundestag)

Falschnachrichten und -informationen durch Gendersprache

Beim Schweizer Radio wird seit einiger Zeit fleißig gegendert. Am 16. Oktober 2021 fiel in den Abendnachrichten von SRF1 mit Blick auf eine Corona-Demonstration in Baden – um ein eher harmloses Beispiel herauszugreifen – das Wort „Gegendemonstrantinnen“ oder „Gegendemonstrant*innen“, gesprochen mit einem kaum oder nicht hörbaren Glottisschlag. Die weibliche Form? Dann stellt sich die Frage, ob wirklich nur Gegendemonstrantinnen zugegen waren. Wenn nicht, wäre es eine Falschnachricht bzw. -information. Die gegenderte Form? Dann werden die Männer ausgeklammert – diese wären im Plural nämlich die (männlichen) „Gegendemonstranten“ (ein Wort, das in „Gegendemonstrant*innen“ nicht vorkommt). Noch deutlicher wird dieses Problem bei den „Ärzt*innen“ und „Anwält*innen“. Solche Neuschöpfungen sind diskriminierend, genauer gesagt sexistisch. Geschlechtergerechte Sprache ist alles, nur nicht geschlechtergerecht. In der schweizerischen Republik findet sich mal das generische Maskulinum, mal das generische Femininum – das es so freilich gar nicht gibt. Schon auf der Einstiegsseite wird deutlich, dass die pädagogischen Anliegen über den journalistischen stehen: „Das digitale Magazin für Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur. Finanziert von seinen Leserinnen.“ Sicherlich wird es ebenso von männlichen Lesern finanziert – also handelt es sich um eine Falschinformation. In der Onlineausgabe der deutschen ZEIT schrieb Hasnain Kazim am 7. Mai 2022 in einem Artikel zu Waffenlieferungen, Indien sei „damals“ (in den 1940er-Jahren) ein Land mit „rund 300 Millionen Einwohnerinnen“ gewesen. Das ist wiederum eine Falschinformation. Es waren rund 300 Millionen Einwohner, also Frauen und Männer, Mädchen und Jungen, sicherlich auch Inter- und Transsexuelle. Nach einer (nicht vermerkten) Korrektur war dann von „rund 300 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern“ die Rede. Vielleicht hatte ein Korrektorat mit Aktivisten den Schlamassel angerichtet? Ein Versehen war es wohl kaum gewesen, denn an anderer Stelle hatte es geheißen: „Hindus warfen Musliminnen vor, das Land zu spalten“. Nichts anderes als eine Falschinformation. In einem lesenswerten Essay aus dem Jahre 2021 stellte Ingo Meyer fest: „Leider ist im Land der Zuständigkeiten niemand für die Sprache zuständig. Die Kultusministerkonferenz hat andere Sorgen, der Deutsche Presserat schläft, die Akademie für Sprache und Dichtung scheint mit Dichten vollends ausgelastet, der Dudenverlag will seine Umsätze steigern, der Rat für Rechtschreibung beobachtet.“ (Ingo Meyer, „Das Märchen vom Gendersterntaler“) Hinzuzufügen ist, dass man selbst von der Medienethik wenig hört. So wird nicht bloß eine sexualisierende, sexistische und reaktionäre Sprache verbreitet, sondern auch eine Unmenge an Falschnachrichten und -informationen. In Zeiten, in denen es auf jedes Wort ankommt und wo Korrektheit, Präzision und Prägnanz wesentlich sind, ist das besonders gefährlich.

Abb.: Durch Gendersprache entstehen Falschnachrichten und -informationen

Lexikon zur Wirtschaftsethik mit Beiträgen zu Informations-, Roboter- und Maschinenethik

Ende April 2022 ist das Lexikon „110 Keywords Wirtschaftsethik“ von Prof. Dr. Oliver Bendel (Hochschule für Wirtschaft FHNW), Prof. Dr. Nick Lin-Hi (Universität Vechta) und Prof. Dr. Andreas Suchanek (Handelshochschule Leipzig) im Verlag Springer Gabler erschienen, der es initiiert und kuratiert hat. Aus dem Klappentext: „Von ‚Aktivist‘ über ‚Nachhaltigkeit‘ bis zu ‚Zensur‘: Im Kontext der Wirtschaftsethik gibt es unzählige Fachtermini und Abkürzungen. Das vorliegende Nachschlagewerk eignet sich für den ersten schnellen Überblick. Anhand von 110 übersichtlichen Schlüsselbegriffen werden die Grundlagen erläutert. Die Erklärungen sind kompakt und verständlich formuliert und bieten Basiswissen für alle, die einen schnellen Einstieg in das Thema Wirtschaftsethik suchen, einzelne Begriffe nachschlagen oder ihr vorhandenes Wissen auffrischen möchten.“ (Verlagsinformation Springer) Von Oliver Bendel stammen vor allem Begriffe aus Informations-, Roboter- und Maschinenethik sowie aus dem Bereich von Technik und Gesellschaft. Nick Lin-Hi und Andreas Suchanek decken Wirtschaftsethik und speziell Unternehmensethik ab. Das Buch hat ca. 110 Beiträge und 161 Seiten. Weitere Informationen über link.springer.com/book/9783658363840.

Abb.: Der Standort von Microsoft im Silicon Valley

Überlegungen zum Wohlstand

„Wohlstand ist ein bestimmtes Maß an Wohlhabenheit (materieller Wohlstand, auch Lebensstandard) und Wohlbefinden (immaterieller Wohlstand). Man lebt im Wohlstand, wenn man in wirtschaftlicher Hinsicht zumindest abgesichert oder sogar überdurchschnittlich ausgestattet ist und eine gewisse Macht über die Umstände hat. Wohlstandsgesellschaften gab es bereits in der Frühgeschichte der Menschheit, oder wenigstens Gruppen, in denen Wohlstand herrschte, ebenso in der frühen Neuzeit in warmen Ländern und wirtlichen Landstrichen, wobei etwa Erzählungen zum leichten Leben in der Südsee auch Romantisierungen und Idealisierungen darstellen. Wohlstand ist ein Aspekt der Kultur, unter der das vom Menschen materiell und immateriell Geschaffene verstanden wird, und der Zivilisation, in der Grundbedürfnisse einfach und bequem befriedigt werden.“ Mit diesen Worten beginnt ein neuer Beitrag im Gabler Wirtschaftslexikon zum Begriff des Wohlstands von Oliver Bendel, veröffentlicht im April 2022. Am Ende werden in aller Kürze Aufgaben von Wirtschafts-, Tier- und Umweltethik beschrieben. Hinzunehmen könnte man noch Informationsethik und Roboterethik, denn Informations- und Kommunikationstechnologien, Informationssysteme, Roboter und KI-Systeme tragen zur Wohlhabenheit von Gesellschaften und zum Wohlbefinden von Individuen bei. Freilich können sie das Wohlbefinden auch beeinträchtigen, etwa durch das Eindringen in Privat- und Intimsphäre. Der vollständige Beitrag kann über wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/wohlstand-123834 abgerufen werden.

Abb.: Auch Architektur kann Ausdruck von Wohlstand sein

Buch „Faktor Mensch“ erschienen

Die HMD ist eine traditionsreiche Fachzeitschrift für Wirtschaftsinformatik. Diejenigen Schwerpunkthefte, die besonderes Interesse wecken, werden in der Edition HMD in Buchform nochmals aufgelegt, indem ihre Beiträge modifiziert, aktualisiert und dann gebündelt werden. Zudem werden ganz neue Beiträge aufgenommen. „Die Edition HMD ‚Faktor Mensch‘ enthält eine breit gefächerte Auswahl von Beiträgen, die die Beziehung zwischen Mensch und IT thematisieren. In Zeiten der Digitalisierung bietet die IT Chancen, die es unter Einbeziehung des Menschen zu nutzen gilt. Gleichzeitig birgt die IT Risiken, derer sich der Mensch bewusst sein muss, um sie abwägen und kontrollieren zu können. Die Vielfalt der zu adressierenden Themen ist in dieser umfassenden Form am Markt bislang noch nicht diskutiert.“ (Verlagsinformation zum Buch) Oliver Bendel ist gleich doppelt vertreten, zum einen mit seinem bereits in der Zeitschrift in anderer Form veröffentlichten Kapitel „Bodyhacking als Phänomen und Trend“, zum anderen mit dem von Grund auf neu erarbeiteten Kapitel „Sexroboter als soziale Roboter für unterschiedliche Bedürfnisse und Anliegen“. Das von Kristin Weber und Stefan Reinheimer herausgegebene Buch kann über link.springer.com/book/10.1007/978-3-658-34524-2 heruntergeladen bzw. bezogen werden.

Abb.: Das Cover des Buchs (Grafik: Springer)

Buchbeitrag zu Bodyhacking

Im April 2022 ist das Buch „Faktor Mensch“ (Hrsg. Kristin Weber und Stefan Reinheimer) bei Springer Vieweg erschienen. Ein Beitrag von Oliver Bendel widmet sich dem Bodyhacking. Aus dem Abstract: „Bodyhacking ist ein Phänomen, das verstanden werden muss, und ein Trend, der immer mehr Bereiche erfasst. Der vorliegende Beitrag liefert zunächst einen Überblick über die zentralen Begriffe, die im Umfeld von Biohacking und Bodyhacking eine Rolle spielen, und thematisiert ausgewählte Beispiele. Es wird deutlich, wie die Konzepte zusammenhängen und dass andersartige Informationssysteme entstehen. Auf dieser Grundlage findet eine kurzgefasste philosophische und speziell ethische Diskussion zu Bodyhacking statt. Dabei wird nach der Verantwortung der Wirtschaftsinformatik gefragt, die in diesem Bereich involviert sein kann und sich bisher anderen soziotechnischen Systemen gewidmet hat. Zusammenfassung und Ausblick bilden den Schlusspunkt. Es zeigt sich, dass Bodyhacking Chancen mit sich bringt. So vermag es überkommene Konventionen aufzubrechen und eine neue Sicht auf den Körper und seine Umwelt zu verschaffen, wovon auch die Wirtschaftsinformatik profitieren kann. Es birgt freilich ebenso Risiken moralischer und gesundheitlicher Art.“ Der Beitrag „Bodyhacking als Phänomen und Trend“ kann wie das gesamte Buch über link.springer.com/book/10.1007/978-3-658-34524-2 heruntergeladen bzw. bezogen werden.

Abb.: Oliver Bendel referierte und diskutierte zum Thema auf der Biennale (Foto: Samuele Cherubini, © Pro Helvetia)

Interview zur Dual-Use-Problematik

Dual-Use ist ein altbekanntes Problem. Meist ist damit gemeint, dass etwas sowohl zivilen als auch militärischen Zwecken dienen kann. Letztere sind oft nicht im Sinne des Erfinders. Man kann den Begriff weiter fassen und ihn so verstehen, dass nützliche Instrumente und Technologien in den falschen Händen zu schädlichen werden. Das kennt man bereits von Messern und Fahrzeugen, und man kann auch aus vielen hilfreichen Robotern tödliche Waffen machen. Künstliche Intelligenz kann dabei helfen, Krankheiten zu erkennen und zu bekämpfen oder aber Krankheiten – etwa durch biologische Waffen, die von ihr mitentwickelt werden – hervorzurufen. Genau zu diesem Thema befragte der Tages-Anzeiger den Informations- und Maschinenethiker Oliver Bendel. Das Interview erschien am 25. März 2022 in der gedruckten Ausgabe. Es ist auch online abrufbar.

Abb.: KI kann bei der Entwicklung biologischer Waffen helfen

Wie sind Übergriffe auf Chatbots zu bewerten?

„Obszöne Übergriffe auf sogenannte Chatbots befeuern die Diskussion darüber, welche Regeln und Grenzen für die Nutzung gelten sollen. In der Netzkultur blickt Emily Thomey auf die Debatte über künstliche Intelligenz und unseren Umgang mit ihr.“ (Website WDR 5 Scala) Mit diesen Worten wird in eine Sendung bei WDR 5 Scala (Netzkultur) am 18. März 2022 eingeführt. Zu Wort kommt Oliver Bendel, der sich in seiner Forschung seit der Jahrtausendwende mit Conversational Agents und seit vielen Jahren auch mit Beziehungen zu Artefakten – vor allem zu Robotern – beschäftigt. Er sieht Unterschiede zwischen Phantasie, Fiktionalität, Virtualität und Realität. In der Virtualität – in Spielewelten und in Unterhaltungen mit Chatbots und Sprachassistenten – müssen nach seiner Meinung auch grenzwertige Rollenspiele erlaubt sein. Problematisch wird es, wenn der Benutzer die Akte und Sprechakte in die Realität bringt und sich z.B. vor Freunden damit brüstet, eine digitale Frau erniedrigt zu haben. Auch die Einübung von Praktiken an Liebespuppen und Sexrobotern kann seiner Ansicht nach problematisch sein. Die Sendung mit dem Titel „Ethikdebatte im Umgang mit Chatbots“ kann über www1.wdr.de abgerufen werden.

Abb.: Luci von einer Website der Jahrtausendwende

 

Vereint gegen Putler

Gegen Putins Krieg in der Ukraine engagiert man sich auf unterschiedliche Weise. Die einen gehen in Berlin, Zürich, Wien, Paris oder Tokio auf die Straße. Sie tragen Schilder mit dem Bild von Putler – ein Neologismus aus „Putin“ und „Hitler“ – oder schwenken Fahnen. Die anderen versuchen russische Systeme anzugreifen, wie im Falle von Anonymous. Anonymous ist ein Label für Hacker, die sich als Aktivisten verstehen. Man engagiert sich z.B. für Meinungsfreiheit, gegen das Urheberrecht oder gegen Krieg. Der Aktivismus wird zum sogenannten Hacktivismus. Während des Ukraine-Kriegs wurden bereits mehrfach russische Einrichtungen und Websites angegriffen und lahmgelegt, häufig mit Hilfe von DDoS (Distributed Denial of Service). Bekannt ist Anonymous auch für Doxing. Wieder andere sind vor Ort und stellen sich den Invasoren mit Worten oder Waffen entgegen. Autonome Kampfroboter spielen dabei bisher kaum eine Rolle. Der Krieg wird in konventioneller Weise geführt, und Moskau greift zu einem Teil auf veraltete Technik zurück. Alle, die sich engagieren, haben ein Ziel: Sie wollen den Krieg in der Ukraine so bald wie möglich beenden.

Abb.: Bei einer Demonstration in Zürich am 5. März 2022

Das steht Ihnen aber gut!

Bereits Anfang November 2021 ist der Herausgeberband „Soziale Roboter“ mit insgesamt 30 Beiträgen (das Vorwort eingerechnet) erschienen. Der Herausgeber selbst, Prof. Dr. Oliver Bendel, ist mit fünf Kapiteln vertreten, darunter „Das steht Ihnen aber gut!: Empfangs-, Beratungs-, Betreuungs- und Verkaufsroboter im Detailhandel“. Aus dem Abstract: „Soziale Roboter wie Pepper, NAO, Paul und Cruzr haben – auch vor dem Hintergrund des Strukturwandels des Einzelhandels – Einzug in Einkaufsläden und -zentren gehalten, um Kunden anzulocken, zu empfangen und zu begrüßen, zu informieren, zu beraten und letztlich – wenngleich dies manche Verantwortliche vorerst in den Hintergrund stellen – zum Kauf zu bewegen. Die Schweiz war eine der Vorreiterinnen in diesem Bereich mit gleich mehreren Projekten. Aber auch in Kalifornien, in Japan, in Südkorea, in Deutschland und in anderen Ländern setzt man auf einschlägige soziale Roboter. Der vorliegende Beitrag gibt eine knappe, keinesfalls vollständige Übersicht über wissenschaftliche und praktische Aktivitäten in diesem Bereich. Dann stellt er ethische Überlegungen zum Einsatz an. Nebenbei wird ein mögliches Forschungsprojekt skizziert, das aufgeworfene Probleme ein Stück weit lösen könnte. Eine Zusammenfassung und ein Ausblick runden den Beitrag ab.“ Das Buch kann über link.springer.com/book/10.1007/978-3-658-31114-8 bezogen werden.

Abb.: Das Verkaufsgespräch war erfolgreich

Soziale Roboter aus der Perspektive von Informations-, Roboter- und Maschinenethik

Die Studie „Soziale Roboter, Empathie und Emotionen“, erschienen am 8. November 2021, nimmt die Perspektiven von Informations-, Roboter- und Maschinenethik ein. Verantwortlich für diesen Teil war Prof. Dr. Oliver Bendel. Die Perspektive der Informationsethik – vor allem das Konzept der informationellen Autonomie – hilft dabei, die Überwachungsmöglichkeiten und die Verletzungen von Privat- und Intimsphäre durch soziale Roboter kritisch zu reflektieren. Sie kann mithelfen, ethische Leitlinien zu entwickeln und ethische Kommissionen aufzusetzen. Es resultiert bei Verwendung der diskursiven Methode ein Interessenausgleich der verschiedenen Parteien, etwa ein Konsens zu dem, was bei Gesichts- und Stimmerkennung zu tun und was zu unterlassen ist. Mit Hilfe der Roboterethik kann die Frage nach den moralischen Rechten von sozialen Robotern abschlägig beantwortet werden, da solche Rechte Empfindungs- und Leidensfähigkeit bzw. Bewusstsein voraussetzen. Ein ergiebigeres Forschungsfeld findet die Disziplin in Bezug auf die Folgen des Einsatzes sozialer Roboter. Diese sollten keine Mittel für Betrug und Täuschung darstellen, da diese Rechte des Gegenübers beschädigen können. Zugleich ist es vertretbar, die Nutzer für eine Weile in einer Illusion zu belassen, wenn sie dazu in geeigneter Weise ihre Zustimmung gegeben haben und der Nutzen den Schaden überwiegt. Sie sollten aber, soweit es ihnen zugänglich und möglich ist, über die Hintergründe aufgeklärt worden sein und zu jedem Zeitpunkt wiederum Wahlfreiheit haben. Es ist vor allem stets zu überlegen, ob das Simulieren von Empathie und Emotionen notwendig und zielführend ist oder ob hier unnötigerweise Beziehungen und Bindungen etabliert werden, die sich für die Betroffenen als problematisch oder die Menschenwürde verletzend herausstellen können. Ethics by Design, Responsible AI und Maschinenethik können dazu beitragen, dass soziale Roboter sozial und moralisch adäquat agieren und reagieren. Die Entwicklerinnen und Entwickler werden mit Blick auf Betrug und Täuschung oder die Gefahr von Verzerrungen und Vorurteilen sensibilisiert, und sie werden in die Lage versetzt, den Maschinen passende Regeln und Grenzen einzupflanzen. So entstehen soziale Roboter als moralische Maschinen, die zumindest in geschlossenen und halboffenen, übersichtlichen Räumen mit voraussehbaren Prozessen und Situationen zu einem guten Leben beitragen können. Die Studie ist über zenodo.org/record/5554564 verfügbar.

Abb.: Cozmo ist vom Blechspielzeug gelangweilt

Ein Grundlagenbeitrag zum Metaverse

„Das Metaverse (dtsch. Metaversum) ist ein virtueller Raum, in dem sich Benutzer mit Hilfe von Avataren bewegen und in dem sie virtuelle Artefakte beeinflussen und nutzen können, etwa wenn sie sich Kleidung überziehen, ein Haus bauen und dieses einrichten, eine Tür öffnen und auf die Straße hinaustreten und dort Mitspieler und Gleichgesinnte treffen. Wie in der realen Welt kann man dort leben, arbeiten, lernen, Handel treiben, Gespräche führen und Beziehungen aufbauen.“ Mit diesen Worten beginnt ein neuer Beitrag im Gabler Wirtschaftslexikon von Prof. Dr. Oliver Bendel. Im letzten Abschnitt heißt es: „Ein Metaverse ist ein Ort, an dem man seine Fantasie ausleben kann, etwa in Erweiterung der eigenen Identität, u.a. bezüglich des Geschlecht und der Ethnie, und in Hinsicht auf Welten, die das Gegebene abbilden oder etwas Neues errichten. In diesem Sinne fördert es Empathie und Kreativität, was von Ethik, Psychologie und Soziologie untersucht wird.“ Der ganze Beitrag – erschienen ist er im Dezember 2021 – kann über wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/metaverse-123520 aufgerufen werden.

Abb.: Vielleicht ist sie im Metaverse

Cloud oder How will we live together?

Unter den Pavillons der Biennale di Venezia 2021 stach der spanische hervor. Die Kuratoren Itziar Okariz und Sergio Prego hatten ihn unter den Titel „Uncertainty“, also „Ungewissheit“, gestellt. Das Architekturmagazin Baumeister schreibt: „Das nimmt nicht nur Bezug auf die Corona-Krise, die der Menschen erneut vor Augen geführt hat, wie unabsehbar viele zukünftige Entwicklungen sind.“ (Baumeister, 20. Mai 2021) Auch das Platzen der spanischen Immobilienblase und damit verbunden der Lebensgrundlage vieler Architekturschaffenden wirke hier nach. Der Pavillon nähere sich dem Thema mehr künstlerisch als architektonisch, nach Ansicht des Autors besonders beeindruckend in der raumfüllenden Installation „Cloud“, die den gesamten Mittelsaal einnehme. „Sie wurde aus tausenden Exposees gefertigt, deren Inhalt um die zentrale Frage dieser Architektur-Biennale kreist: How will we live together?“ Dabei darf man natürlich auch an die Unsicherheit in der Digitalisierung denken, gerade bei Cloud-Lösungen, und daran, wer bei diesen die Macht hat und bei wem die Ohnmacht einkehrt.

Abb.: Die Cloud-Installation im spanischen Pavillon

Sind soziale Roboter verlässliche Partner?

„Sind soziale Roboter verlässliche Partner? Fünf Dimensionen des Gelingens und Scheiterns“ – so lautet der Titel eines Beitrags von Oliver Bendel, der im Sammelband „Kooperation in der digitalen Arbeitswelt: Verlässliche Führung in Zeiten virtueller Kommunikation“ (Hrsg. Olaf Geramanis, Stefan Hutmacher und Lukas Walser, Springer Gabler 2021) erschienen ist. Aus dem Abstract: „Soziale Roboter, sensomotorische Maschinen, die für den Umgang mit Menschen und Tieren geschaffen wurden, verbreiten sich rasant. Der vorliegende Beitrag lotet zunächst den Begriff aus, unter Verwendung einer Abbildung mit fünf Dimensionen, und stellt Beispiele vor. Zudem wird geklärt, was in diesem Kontext unter Verlässlichkeit zu verstehen ist und welche Disziplinen von Interesse sind. Vor diesem Hintergrund wird die Verlässlichkeit sozialer Roboter diskutiert, wobei sich als durchgehende Aspekte das Zeigen von Intelligenz, Empathie und Emotionen sowie das Sammeln von Daten herauskristallisieren. Soziale Roboter gewinnen Menschen (und Tiere) mit wohlvertrauten Ausdrucks- und Verhaltensweisen für sich. Dadurch kann ein wichtiges Element von Beziehungen und Bindungen entstehen, aber auch die Gefahr von Täuschung und Betrug. Es wird herausgearbeitet, wie soziale Roboter einerseits verlässliche, zuverlässige, vertrauenswürdige Partner sind, andererseits das Gegenteil, da ihnen echte Emotionen und echte Empathie fehlen, sie nur ein simuliertes Gegenüber darstellen und sie dazu prädestiniert sind, uns unsere Geheimnisse zu entreißen.“ Der Begleitband zur Changetagung im Januar 2022 – bei der Oliver Bendel eine Keynote hält – kann über Springer erworben werden. Das Kapitel selbst kann man auch direkt über SpringerLink herunterladen.

Abb.: Oliver Bendel im Jahre 2014 beim FAZ-Forum (Foto: FAZ-Forum)

Die Bundestagswahl im Netz

„Die politischen Institutionen sind heute mehrheitlich mit selbständigen Websites vertreten. Mandatsträger aus Bundestag und den Landtagen zeigen ebenfalls Web-Präsenz, viele gleich mehrfach über persönliche Seiten, über Dar­stellungen der Parlamentsdienste (wie im Bundestag) oder der Parteien und zuweilen auch über Politik-Server regionaler elektronischer Marktplätze …“ Das Zitat stammt aus dem Buch „Die Mondlandung des Internet“ (UVK), das Rainer Kuhlen zusammen mit Oliver Bendel geschrieben hat. Es ist vor 23 Jahren zur Bundestagswahl 1998 erschienen. Gefordert wurden u.a. Leitlinien für Foren, die über die klassische Netiquette hinausgehen. Solche sind dann ab 2009 entstanden, verfasst von Oliver Bendel. Sie finden sich etwa im Blick am Abend (2009) und in der Netzwoche (2010).

Abb.: 2017 hatte man schon 20 Jahre Erfahrung

Tone of Voice für soziale Roboter

„Der Tone of Voice ist der Tonfall eines Unternehmens, die Art und Weise, wie es über etwas schreibt und spricht, u.U. auch, worüber es schreibt und spricht. Er wird in der Unternehmensstrategie, in den Kommunikationsleitlinien, in den Social-Media-Richtlinien, in der Social-Media-Strategie und in den Dokumenten zur Corporate Identity (CI) festgelegt. Insgesamt sollen Einheitlichkeit, Verständlichkeit und Erkennbarkeit resultieren.“ Mit diesen Worten beginnt ein neuer Beitrag von Oliver Bendel im Gabler Wirtschaftslexikon. Darin wird erwähnt, dass es auch Implikationen für Software- und Hardwareroboter gibt, die für das Unternehmen und mit Kunden sprechen. Wenn beispielsweise ein sozialer Roboter in einem Hotel arbeitet oder im Einzelhandel auftritt, sollte er nach dem dort gültigen Tone of Voice umgesetzt sein bzw. angepasst werden. Auch Chatbots sollten den Tonfall des Unternehmens beherrschen. Am Ende wird noch die Perspektive der Ethik eingenommen. Der Beitrag ist im Juli 2021 erschienen und über wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/tone-voice-100059 abrufbar.

Abb.: Bei YouTube im Silicon Valley

Die Ethik der Digitalisierung

„Eine Auseinandersetzung mit der Digitalisierung berührt zentrale ethische Fragestellungen. Hierunter fallen Themen wie Identität, Sinnfindung, Persönlichkeitsentfaltung und Selbstverwirklichung ebenso wie Fragen nach informationeller Selbstbestimmung, Handlungs-, Informations- und Meinungsfreiheit, Gerechtigkeit, Solidarität, Humanität, Verantwortung, Frieden und Sicherheit. Aspekte der Technikethik und des Umweltschutzes, die Folgen der Globalisierung, Digitalisierung und Vernetzung sowie die Diskussion verschiedener Gesellschaftsmodelle stehen ebenfalls zur Diskussion.“ (Website E & U) Dies schreibt die Zeitschrift Ethik & Unterricht zu ihrer neuen Ausgabe (Nr. 2/2021) mit einem Schwerpunkt zur Digitalisierung. Die Hauptbeiträge zu Robotik und Maschinenethik stammen von Oliver Bendel (Professor für Wirtschaftsinformatik sowie Informations- und Maschinenethik an der Fachhochschule Nordwestschweiz; „Serviceroboter aus ethischer Sicht: Herausforderungen und Grenzen ihres Einsatzes“) und Catrin Misselhorn (Professorin für Philosophie an der Georg-August-Universität Göttingen; „Künstliche Intelligenz und Ethik: Leitlinien für moralische Maschinen“). Die Ausgabe ist über www.friedrich-verlag.de/shop/digitalisierung-541086 erhältlich.

Abb.: ASIMO begrüßt seine Fans

300 Keywords Soziale Robotik

Die „Keywords“-Bücher werden üblicherweise aus den „Schlüsselwörtern“ zusammengestellt, die im Gabler Wirtschaftslexikon erscheinen, dem größten Wirtschaftslexikon im deutschsprachigen Raum. Der Springer-Verlag ist Herausgeber, die Autorinnen und Autoren werden eingangs aufgeführt. Eine Ausnahme sind „400 Keywords Informationsethik“ (2016 und 2019) und „350 Keywords Digitalisierung“ (2019). Sie stammen von einem einzigen Autor, nämlich von Oliver Bendel. Er verwendet ebenfalls seine Definitionen und Erklärungen aus dem Gabler Wirtschaftslexikon, ergänzt sie aber um zahlreiche weitere Einträge. Es entstehen Nachschlagewerke aus einem Guss, in einem Stil und aus klar definierten Perspektiven heraus. Die Nachfrage ist bei beiden Büchern enorm. So liegt „400 Keywords Informationsethik“ bereits in der zweiten Auflage vor, und „350 Keywords Digitalisierung“ kann fast 140.000 Downloads (einzelne Kapitel und gesamtes Buch) verzeichnen. Der dritte „Keywords“-Band von Oliver Bendel heißt „300 Keywords Soziale Robotik“. Es werden darin nicht nur zahlreiche Termini erläutert und eigene Systematiken vorgestellt, sondern auch etliche soziale Roboter und Sprachassistenten aus Fiktion und Realität genannt. Zusammen mit „Soziale Roboter“ – das ebenfalls 2021 bei Springer erscheint, ca. zwei Monate früher – liegen dann zwei deutschsprachige Grundlagenwerke zum Thema vor. Weitere Informationen zum neuen „Keywords“-Buch sind über www.springer.com/de/book/9783658348328 erhältlich.

Abb.: Der Autor sprach 2018 bei „Minds Mastering Machines“ über soziale Roboter (Foto: MMM)

Sag mir, wie du sprichst …

„Stimmerkennung (engl. ‚voice recognition‘) ist das automatisierte Erkennen von Merkmalen einer Stimme, um die Identität einer Person (engl. ’speaker recognition‘) oder deren Geschlecht, Gesundheit, Herkunft, Alter und Gefühlslage (engl. ‚emotion recognition‘) festzustellen. Sie ist zu unterscheiden von Spracherkennung (engl. ’speech recognition‘), wo es vor allem um die Inhalte des Gesprochenen geht, etwa in Hinsicht auf das ‚Verstehen‘ und Befolgen von Sprachbefehlen.“ Mit diesen Worten beginnt ein neuer Beitrag im Gabler Wirtschaftslexikon von Oliver Bendel. Es wird auf biometrische Merkmale eingegangen, die bei der Stimmerkennung eine Rolle spielen, und es werden Anwendungsbeispiele genannt: Einige Sprachassistenten und soziale Roboter verfügen über diese Technologie. Diese bringt auch ethische Probleme mit sich – darauf wird am Ende verwiesen. Der Beitrag ist am 25. Mai 2021 erschienen und kann über wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/stimmerkennung-122246 abgerufen werden.

Abb.: Echo auf dem Tisch

„Mundraub“ mit Hilfe von KI

„KI passt Lippenbewegungen an andere Sprachen an“ – so der Titel eines Artikels von Tobias Költzsch, der am 23. Mai 2021 bei Golem erschienen ist. „Das britische Unternehmen Flawless entwickelt eine auf Deepfake basierende Technologie, mit deren Hilfe synchronisierte Filme realistischer aussehen sollen. Das vom Regisseur Scott Mann mitgegründete Unternehmen will mit Hilfe von künstlicher Intelligenz die Lippenbewegungen von Schauspielern im Nachhinein anpassen, damit sie der synchronisierten Sprache entsprechen.“ (Golem, 23. Mai 2021) Dies wirft zahlreiche Fragen auf. Die Lippen gehören den Schauspielerinnen und Schauspielern, die Bewegungen ihrer Lippen zu ihrem Spiel. Wenn die Lippen nun anders aussehen und sich anders bewegen, könnte das zum einen Persönlichkeitsrechte verletzen, zum anderen die Qualität des Films beeinträchtigen. Insgesamt gibt es ethische, rechtliche und künstlerische Implikationen. Der Raub der Stimme ist schon seit einiger Zeit möglich – nun erfolgt ein „Mundraub“ der neuen Art.

Abb.: Charlize Theron auf dem roten Teppich

Grundlagen zum Gendersternchen

„Mit dem Gendersternchen oder Genderstern (seltener ‚Gender-Star‘) versucht man – so das erklärte Ziel der Verwender – eine Berücksichtigung und Sichtbarmachung aller Geschlechter in der geschriebenen deutschen Sprache zu erreichen. Zu diesem Zweck fügt man es in Substantive und Adjektive sowie in oder zwischen unbestimmte und bestimmte Artikel ein. Im Information Retrieval – etwa bei der Suche in Fachdatenbanken oder mit Suchmaschinen im Internet – dient ein Sternchen (auch Asterisk genannt) als Platzhalter für ein Zeichen oder mehrere Zeichen. In der geschlechtergerechten Sprache soll es für weitere Geschlechter neben dem männlichen und weiblichen stehen, also für das, was man ansonsten als divers bezeichnet.» Mit diesen Worten beginnt ein neuer Beitrag im Gabler Wirtschaftslexikon von Oliver Bendel. Es wird dargestellt, welche Vor- und Nachteile das Gendersternchen nach der Meinung von Experten hat. Gezeigt wird, dass die übliche Praxis der Verwendung nicht geschlechtergerecht ist, da die männliche Form in vielen Fällen verschwindet. Am Ende wird die Perspektive der Ethik eingenommen. Der Beitrag ist am 28. April 2021 erschienen und kann über wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/gendersternchen-123255 aufgerufen werden.

Abb.: Eine scherzhafte Verwendung des Gendersternchens in Zürich

Über 1000 Beiträge auf informationsethik.net

Seit Mai 2012 gibt es den Blog informationsethik.net von Oliver Bendel. Entstanden sind seitdem über 1000 Beiträge zur Informationsethik, Roboterethik und Maschinenethik sowie zu verwandten Themen. Ein Lexikon ist ebenfalls auf der Website – die ausgewachsene Version liegt in Buchform vor. Im Mai 2013 kam maschinenethik.net hinzu, um diesen Bereich noch besser abzudecken. Die Bilder stammen von Fotoplattformen – vor allem von Pixabay –  und vom Betreiber des Blogs. Es findet sich aber auch seltenes Material von Roboterfirmen, mit denen eine Zusammenarbeit besteht, und von Stiftungen, die den Betreiber in seiner Forschung unterstützt haben. Bereits 2011 war der Twitter-Account gestartet, der dann bald nach der Entstehung des Blogs unter dem Namen Informationsethik der Unterstützung und Ergänzung diente. Robophilosophy versorgt seit Juli 2019 das englischsprachige Publikum mit Informationen zur Roboterphilosophie.

Abb.: Eine Variation des ersten Sliders des Blogs