Ein Sprachmodell für Brain-Computer-Interfaces

Ein Forscherteam von der University of Texas hat ein neues Verfahren für Brain-Computer-Interfaces vorgestellt, mit dem die Vision des Gedankenlesens ein wenig näher rückt. Verwendet wird in der Studie – das ist ein entscheidender Punkt – ein Sprachmodell wie GPT, in Kombination mit Magnetresonanztomografie. Generell können solche Systeme im Moment allenfalls wahrscheinliche Phrasen vorschlagen. Sie machen noch viele Fehler. Diese dürften sich in Zukunft aber zum Teil beheben lassen. Von Bedeutung wären solche Verfahren für Schwerbehinderte, etwa Querschnittsgelähmte. Diese können über Brain-Computer-Interfaces bereits Geräte mit Gedanken steuern – in ein paar Jahren wären sie in der Lage, über Gedanken mit anderen zu kommunizieren. Interessiert werden auch Polizei, Geheimdienst und Verfassungsschutz sein. Selbst bei gegebenem Kooperationswillen kann es sich um einen Übergriff handeln. Ohne einen gegebenen Kooperationswillen, der im Moment noch Grundlage der Methode ist, kann es sich um psychische Gewalt handeln. Es wäre auf jeden Fall ein Eingriff in die Intim- und Privatsphäre. Der Mensch steht mit seinen Gedanken nackt vor den anderen da. Dies gilt insbesondere, aber nicht nur, bei sexuellen Vorstellungen. Ferner kann man evtl. auch an politische und moralische Überzeugungen oder an Passwörter herankommen. Die Studie zeigt, dass Sprachmodelle für alle möglichen Zwecke eingesetzt werden können und auch eingesetzt werden, bei den entsprechenden Chancen und Risiken. Die Nachrichtensendung 10 vor 10 im SRF hat dem Thema am 3. Mai 2023 einen Beitrag gewidmet. Darin kommen Prof. Dr. Lutz Jäncke (Universität Zürich), Dr. Ricardo Chavarriaga (ZHAW) und Prof. Dr. Oliver Bendel (FHNW) zu Wort. Der Artikel mitsamt dem Video kann über www.srf.ch/news/experiment-in-den-usa-gedanken-entschluesseln-dank-hirn-scans-und-ki abgerufen werden.

Abb.: Ein Affe in einem Magnetresonanztomografen

Podcast „Die ultimative Maschine“

„Inspirierend anders“, der Podcast von Luca Beutel, geht in die Forschung. Für die ersten beiden Folgen hat der Mann mit dem Schnäuzer mit Prof. Dr. Oliver Bendel gesprochen. Der Technikphilosoph lebt in Zürich und arbeitet an mehreren Hochschulen der FHNW. Die erste Folge, ausgestrahlt seit dem 2. Mai 2023, heißt „#165 IAF – Die ultimative Maschine: Wie Robotik die Grenzen der Menschheit erweitert“. Oliver Bendel stellt darin die Grundlagen der Robotik dar und bringt diese in einen Zusammenhang mit der Künstlichen Intelligenz (KI). Ursprünglich wurden deren Gegenstände zusammengedacht. Dann haben sie sich aber getrennt entwickelt. Nun wachsen Roboter und KI-Systeme immer mehr zusammen. Eine Woche später erscheint die zweite Folge mit dem Titel „#167 IAF – Menschliche Bedürfnisse, robotische Lösungen: Die Zukunft der menschenähnlichen Roboter“. Darin geht es u.a. um ethische und ästhetische Fragen, die sich zu sozialen Robotern wie Pflegerobotern und Sexrobotern stellen. Die erste Folge kann u.a. über Spotify aufgerufen werden.

Abb.: Oliver Bendel am Campus Brugg-Windisch (Foto: Dominic Büttner)

Pflegeroboter im Ratgeber für Senioren

Der Senioren Ratgeber (eigene Schreibweise) ist ein Partner der Apotheken Umschau (eigene Schreibweise). Im aktuellen Heft 5/2023 findet sich ein fünfseitiger Artikel über Roboter in der Pflege. Er beginnt mit Lio, dem Assistenzroboter von F&P Robotics, der seit Jahren in einer Kleinserie vorliegt und in mehreren Alten- und Pflegeheimen getestet wird. Zu Wort kommt mehrmals Prof. Dr. Oliver Bendel von der Hochschule für Wirtschaft FHNW, der seit 2016 in Kontakt mit dem Unternehmen ist, mit Mitarbeitern ein Paper zu Lio publiziert und zuletzt zusammen mit Marc Heimann ein Moralmodul (CARE-MOMO) entwickelt hat, das Lio erweitern kann. Inzwischen arbeitet das Schweizer Unternehmen mit weiteren Hochschulen wie der Fachhochschule Graubünden und der ETH Zürich zusammen … „Der Senioren Ratgeber begleitet ältere Menschen in ihrem Alltag. Hier finden Sie Tipps rund um Vorsorge, Ernährung, Bewegung, Reise, Partnerschaft und Pflege. Blättern Sie in der aktuellen Ausgabe des Senioren Ratgeber. Das komplette Magazin erhalten Sie in Ihrer Apotheke …“ (Website Senioren Ratgeber) Gemeint ist praktisch jede Apotheke in Deutschland. Eine Leseprobe ist jeweils über www.apotheken-umschau.de/unsere-marken/senioren-ratgeber/ erhältlich.

Abb.: Die ersten zwei Seiten des Artikels

Therapieroboter aus ethischer Sicht

Im Juni 2023 kommt das Buch „Assistive Technologien, technische Rehabilitation und Unterstützte Kommunikation“, herausgegeben von Martin Groß, Birgit Hennig, Stefan Kappel und Frank Wallhoff, auf den Markt. Darin enthalten ist der Beitrag „Therapieroboter aus ethischer Sicht“ von Oliver Bendel. Aus dem Abstract: „Der vorliegende Beitrag geht auf Therapieroboter ein. Diese werden wie Pflegeroboter als soziale Roboter verstanden. Es werden die Ziele, Aufgaben und Merkmale geklärt, es werden Beispiele gegeben, sowohl aus der Psychotherapie als auch aus der Ergo- und Physiotherapie, die etwa der orthopädischen und sportmedizinischen Rehabilitation dienen können, und es findet eine Diskussion aus Sicht der klassischen Bereichsethiken und der Maschinenethik statt. Deutlich wird, dass manche Antworten bereits heute geliefert werden können, andere jedoch noch empirischer Forschung und analytischer Arbeit bedürfen. Nicht zuletzt hängen einige von der sich entwickelnden Praxis ab, etwa davon, welche Rolle der Therapeut und Betreuer in Zukunft spielt, welcher Art die Therapieroboter sind und welche Verbreitung sie haben.“ Das Buch erscheint bei Springer und ist über den Verlag oder eine beliebige Buchhandlung erhältlich.

Abb.: Alpha Mini beim Yoga im Büro von Oliver Bendel

Preprint on Hugging Robots Published

From March 27-29, 2023, the AAAI 2023 Spring Symposia featured the symposium „Socially Responsible AI for Well-being“ by Takashi Kido (Teikyo University, Japan) and Keiki Takadama (The University of Electro-Communications, Japan). This time the venue was exceptionally not Stanford University, but the Hyatt Regency SFO Airport. On March 28, Prof. Dr. Oliver Bendel presented the paper „Increasing Well-being through Robotic Hugs“, written by himself, Andrea Puljic, Robin Heiz, Furkan Tömen, and Ivan De Paola. The paper has now been published as a preprint and can be downloaded via arxiv.org/abs/2304.14409. From the abstract: „This paper addresses the question of how to increase the acceptability of a robot hug and whether such a hug contributes to well-being. It combines the lead author’s own research with pioneering research by Alexis E. Block and Katherine J. Kuchenbecker. First, the basics of this area are laid out with particular attention to the work of the two scientists. The authors then present HUGGIE Project I, which largely consisted of an online survey with nearly 300 participants, followed by HUGGIE Project II, which involved building a hugging robot and testing it on 136 people. At the end, the results are linked to current research by Block and Kuchenbecker, who have equipped their hugging robot with artificial intelligence to better respond to the needs of subjects.“ More information on the conference via aaai.org/conference/spring-symposia/sss23/.

Fig.: Oliver Bendel during his talk (Photo: Lea Peier)

Preprint on Bar Robots Published

From March 27-29, 2023, the AAAI 2023 Spring Symposia featured the symposium „Socially Responsible AI for Well-being“ by Takashi Kido (Teikyo University, Japan) and Keiki Takadama (The University of Electro-Communications, Japan). This time the venue was exceptionally not Stanford University, but the Hyatt Regency SFO Airport. On March 28, Prof. Dr. Oliver Bendel and Lea Peier presented their paper „How Can Bar Robots Enhance the Well-being of Guests?“. The paper has now been published as a preprint and can be downloaded via arxiv.org/abs/2304.14410. From the abstract: „This paper addresses the question of how bar robots can contribute to the well-being of guests. It first develops the basics of service robots and social robots. It gives a brief overview of which gastronomy robots are on the market. It then presents examples of bar robots and describes two models used in Switzerland. A research project at the School of Business FHNW collected empirical data on them, which is used for this article. The authors then discuss how the robots could be improved to increase the well-being of customers and guests and better address their individual wishes and requirements. Artificial intelligence can play an important role in this. Finally, ethical and social problems in the use of bar robots are discussed and possible solutions are suggested to counter these.“ More information on the conference via aaai.org/conference/spring-symposia/sss23/.

Fig.: Lea Peier during her talk

The Länd setzt auf Spot

Im Innovation Lab der Polizei Nordrhein-Westfalen testet man seit einer Weile den Einsatz von Spot, eines vierbeinigen Roboters von Boston Dynamics. Dieser erkundete u.a. ein ausgebranntes Haus in Essen. Mit Spot experimentiert auch die New Yorker Polizei, was immer wieder für Diskussionen sorgt. Baden-Württemberg („The Länd“) hat in diesen Tagen nachgezogen. Die offizielle Website des Landes zitiert Innenminister Thomas Strobel mit den Worten: „Laufroboter können sich in schwierigem Gelände und im urbanen Umfeld mit Hindernissen wie Treppen oder Absätzen sicher fortbewegen und sind schnell, unkompliziert und vielseitig einsetzbar. Sie sind schneller und verwischen am Tatort weniger Spuren als herkömmliche Roboter auf Rädern oder Ketten, wie sie beispielsweise unser Landeskriminalamt bereits einsetzt.“ (Baden-Württemberg, 28. April 2023) Spot wird neben anderen Systemen in dem Paper „Robots in Policing“ von Prof. Dr. Oliver Bendel thematisiert, das in den Proceedings „Social Robots in Social Institutions“ der Robophilosophy 2022 erschienen ist. Polizeiroboter und KI-Systeme sind auch Gegenstand des CAS Zukunftsorientierte Polizeiarbeit. Verantwortlich für diesen Teil ist wiederum Oliver Bendel.

Abb.: Spot auf einer Messe

Eine neue Hochschule für Informatik

In der Schweiz soll eine neue Hochschule für Informatik FHNW mit einem Standort in Brugg-Windisch und einem Standort nördlich des Jura (Basel-Landschaft und Basel-Stadt) gegründet werden. Sie soll ihren Studienbetrieb im Herbst 2025 aufnehmen und ab diesem Zeitpunkt die bestehenden Informatikstudiengänge der Hochschule für Technik FHNW übernehmen. In der Leistungsauftragsperiode 2025 – 2028 wird sie laut Plan weitere Aus- und Weiterbildungsangebote aufbauen sowie Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten entfalten. Ziel der neuen Hochschule ist es, in der Nordwestschweiz die von Wirtschaft und Verwaltung benötigten Informatiker aus- und weiterzubilden. Die Studiengänge und -angebote der Hochschule für Wirtschaft FHNW in Wirtschaftsinformatik, Künstlicher Intelligenz und Robotik sind von dieser Neuerung nicht betroffen. Das Portfolio der HSW bleibt damit unverändert. Die Hochschule für Informatik FHNW wird die zehnte Hochschule unter dem Dach der Fachhochschule Nordwestschweiz sein. Berichtet haben über die Neugründung u.a. Nau und Inside IT.

Abb.: Der Campus Brugg-Windisch (Foto: WEISSWERT C. Morin & M. Indermaur)

Aus Oasis wird AISIS

Oasis war eine erfolgreiche britische Band, die 1991 gegründet und 2009 aufgelöst wurde. Mit Hilfe von künstlicher Intelligenz wurde sie nun wieder zum Leben erweckt. Das Projekt stammt von der Band Breezer. Sie nahm neue Lieder auf, die sie mit der KI-Stimme des Oasis-Frontmanns Liam Gallagher ergänzte. Dies berichtete Golem am 28. April 2023. Dabei wurde nach Angaben des Magazins das KI-System lediglich dafür eingesetzt, den Klang von Liam Gallaghers Stimme zu imitieren. Der Gesang samt den Modulationen stammt von einem anderen Sänger. „Das Ergebnis der KI-Bearbeitung, aber auch die Leistung der Musiker ist beeindruckend: Die Songs gehen ohne weiteres als Oasis-Songs der späten 1990er Jahre durch.“ (Golem, 28. April 2023) Das Album „AISIS – The Lost Tapes/Vol. 1“ kann u.a. über YouTube aufgerufen werden.

Abb.: Eine Band bei ihrem Auftritt

Ethische Implikationen von ChatGPT

Am 26. Mai 2023 hält Prof. Dr. Oliver Bendel einen Gastvortrag beim scil-Modul „Dialogorientierte Lern- und Assistenzsysteme“ an der Universität St. Gallen. Der Titel lautet „Ethische Implikationen von ChatGPT“. Aus Sicht von Informations- und Maschinenethik werden verschiedene Überlegungen zu ChatGPT angestellt. Zunächst ist die Frage, woher die Daten für das zugrunde liegende Sprachmodell kommen und unter welchen Bedingungen das Reinforcement Learning from Human Feedback abläuft. Zudem dürfte relevant sein, welche Daten man beim Prompt preisgibt und welche Prompts auf welche Art und Weise zurückgewiesen werden. Ein weiteres Problemfeld ist das Halluzinieren der Sprachmodelle bzw. der darauf basierenden Anwendungen. Diese verdrehen Fakten und erfinden Referenzen. Nicht zuletzt ergeben sich für zahlreiche Anwendungsfelder wie Aus- und Weiterbildung besondere Herausforderungen … Mit Visual ChatGPT soll man über Texteingaben Bilder generieren und dann einzelne Elemente editieren können. Solche und andere Bildgeneratoren wie DALL-E, Stable Diffusion und Midjourney werfen wiederum zahlreiche ethische Fragen auf. GPT-3 und GPT-4 bzw. ChatGPT sind nicht nur für bzw. als Chatbots und Contentgeneratoren relevant, sondern auch für Industrie- und Serviceroboter. In diesem Bereich hat indes vor allem das Sprachmodell PaLM-E Aufmerksamkeit erregt. Indem Bilddaten und Daten zu Zuständen und Ereignissen integriert werden, werden Virtualität und Realität verbunden. Konkret kann der Benutzer mit Hilfe eines Prompts einem Roboter eine Anweisung geben, die dieser dann in seiner Umgebung ausführt, die er vorher beobachtet hat und weiter beobachtet. Dabei sind wiederum Herausforderungen vorhanden, etwa mit Blick auf Verlässlichkeit und Haftung. Oliver Bendel hat vor einem Vierteljahrhundert an der Universität St. Gallen gearbeitet – als Leiter des CC E-Learning – und geforscht, zu Conversational Agents und Embodied Conversational Agents in Lernumgebungen, sogenannten Pedagogical Agents. Weitere Informationen zum scil über www.scil.ch.

Abb.: Auch Pepper hat man schon mit ChatGPT verbunden (Foto: Sara Zarubica)

SWISS nutzt Gesichtserkennung beim Boarding ohne ausdrückliche Zustimmung der Passagiere

Am 9. April 2023 versammelten sich die Passagiere am Flughafen von San Francisco an einem der Gates, um auf das Boarding eines SWISS-Flugs zu warten. Für viele Schweizer und Deutsche ging es – mit dem Zielflughafen Zürich – zurück in die Heimat. Beim Boarding mussten alle vor ein Gesichtserkennungssystem treten und ihre biometrischen Merkmale erfassen lassen. Dies ersetzte das Vorzeigen der Bordkarte. Es gab keinen Hinweis der Airline oder einer Behörde auf eine Alternative. Eine Anfrage eines Betroffenen an SWISS, auf welcher rechtlichen Grundlage dies erfolgte, wurde wie folgt beantwortet: „Ich habe mir Ihren Fall durchgelesen und möchte Ihnen mitteilen, dass das Gesichtserkennungssystem nicht obligatorisch ist. Es wird immer ein Mitarbeiter im Dienst sein, der die Sicherheitskontrolle auch manuell durchführen kann. Wenn Sie das nächste Mal in eine solche Situation kommen und nicht durch das Gesichtserkennungssystem gehen möchten, können Sie jederzeit einen Mitarbeiter bitten, Sie manuell durch die Kontrolle zu begleiten.“ Der Hinweis, dass die Nutzung des Systems nicht obligatorisch ist, müsste allerdings vor Ort gegeben werden. Man ist beim Boarding eines Rückflugs unter einem gewissen Druck, befindet sich auf fremdem Boden – und sieht sich mit einer unerwarteten Situation konfrontiert. All dies nutzt das Unternehmen oder sein Partner – die US-amerikanische Behörde – offenbar aus. Auch zur Datenerfassung und -verwendung gab es keinerlei Informationen, weder vor noch nach dem Vorgang. Ohne Zweifel wird die informationelle Autonomie verletzt. Insgesamt findet der Einsatz eines problematischen Systems ohne ausdrückliche Zustimmung der Passagiere statt. Laut einem Artikel von 2021 hat man das Verfahren bereits seit längerer Zeit getestet. „Die Swiss bestätigt den Einsatz der Technologie. Zusammen mit dem Mutterkonzern, der Lufthansa-Gruppe, engagiere man sich für den Einsatz der biometrischen Gesichtsfelderkennung. … Beim Projekt in San Francisco handle es sich in erster Linie um einen ‚übergeordneten Grenzkontrollprozess‘ der US-Behörden … Die Swiss und die Lufthansa seien aber bei der Umsetzung begleitend involviert gewesen, um eine Schnittstelle im Abfertigungsprogramm herzustellen.“ (Luzerner Zeitung, 8. September 2021)

Abb.: Mitten in San Francisco

Die tiefe Kluft zwischen Menschen und Maschinen

„Oliver Bendel antwortet im März auf eine Interviewanfrage aus San Francisco. Der Informationsethiker ist auf dem Weg an ein Symposium, wo er über Umarmungsroboter und Barroboter referieren wird. Vor einigen Jahren hat er an derselben Veranstaltung der renommierten Association for the Advancement of Artificial Intelligence (AAAI) annotierte Entscheidungsbäume für moralische Maschinen vorgestellt. Wenn sich Bendel nicht gerade auf einer seiner vielen wissenschaftlichen Reisen befindet, forscht er in beschaulicher Umgebung: Seit 2009 bekleidet der 55-Jährige eine Professur für Informationsethik, Maschinenethik und Soziale Robotik an der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) in Brugg-Windisch.“ (Inside IT, 24. April 2023) Mit diesen Worten beginnt ein Artikel von Thomas Schwandener, der am 24. April 2023 in Inside IT erschienen ist. Weiter heißt es: „In seiner Arbeit geht es um das Zusammenleben von sozialen Robotern und Menschen, um die Potenziale künstlicher Intelligenz, aber auch um ethische Folgefragen. Bendel ist eine Autorität auf seinem Gebiet. Er hat mehrere Standardwerke verfasst, spricht an internationalen Fachtagungen und trat mehrfach vor dem Deutschen Bundestag als Sachverständiger auf.“ (Inside IT, 24. April 2023) Es folgt ein längeres Interview, das am Rande der Shift geführt wurde. Darin weist der Informations- und Maschinenethiker auf die tiefe Kluft zwischen Menschen und Maschinen hin. Der ganze Artikel kann hier aufgerufen werden.

Abb.: Oliver Bendel bei der Shift (Foto: Shift/Louis Rafael)

Der Avatar Jade als Wettermoderatorin

Beim Privatsender M Le Média ist seit Anfang April 2023 der Avatar Jade als Wettermoderatorin zu sehen. Dies sorgt für Aufregung bei den Schweizer Medien und ihren Rezipienten. Allerdings ist die Idee, einen Avatar als Nachrichtensprecher oder für die Durchsage des Wetterberichts einzusetzen, nicht gerade neu. Die ersten Versuche gab es bereits vor einem Vierteljahrhundert. Im Lexikon der Wirtschaftsinformatik von Springer aus dem Jahre 2001 ist ein Beitrag von Oliver Bendel zum Begriff des Avatars abgedruckt, der diese Passagen enthält: „Avatare finden zum einen Verwendung in kollaborativ genutzten virtuellen Räumen wie Chats, Internet-Spielwelten (MUDs und MOOs), webbasierten Lern- und Arbeitsumgebungen und kommerziellen 3D-Anwendungen (Virtual Reality). Sie fungieren dort als sichtbare und teils auch bewegliche und manipulierbare Stellvertreter eines Benutzers.“ Sie können „zum anderen eine beliebige Figur mit bestimmten Funktionen repräsentieren“. „Solche Avatare treten – beispielsweise als Kundenberater und Nachrichtensprecher – im Internet auf oder bevölkern als Spielpartner und -gegner die Abenteuerwelten von Computerspielen. Sie haben häufig ein anthropomorphes Äußeres und eigenständige Verhaltensweisen oder sogar regelrechte Charaktere.“ Der Beitrag ist bereits im Jahre 2000 entstanden und eingereicht worden und verweist auf Beispiele um die Jahrtausendwende. Von daher haben Avatare dieser Art eine lange Tradition. Beeindruckend ist Jade trotzdem – sie wirkt sehr natürlich und sympathisch und scheint durchaus in der Lage, Sprecher aus Fleisch und Blut zu ersetzen.

Abb.: Jade bei ihrer Moderation am 20. April 2023 (Foto: M Le Média/YouTube)

Erfolgreiche Durchführung der Shift 2023

Am 20. April 2023 fand die Shift statt, eine Tagung zu Fragen von Informationsethik, Roboterethik und KI-Ethik. Initiatorin und Organisatorin ist Cornelia Diethelm. Moderatorin war wieder Patrizia Laeri. Die Keynote hielt Prof. Dr. Oliver Bendel aus Zürich. Er ging zunächst auf soziale Roboter ein und auf die Disziplinen Künstliche Intelligenz, Maschinenethik und Maschinelles Bewusstsein. Dann beschrieb er mehrere soziale Roboter, die auch als Serviceroboter im engeren Sinne eingesetzt werden. Auf dieser empirischen Basis stellte er ethische Überlegungen an. Am Ende behandelte er Sprachmodelle wie GPT-3 bzw. GPT-4 und PaLM-E. Er zeigte, wie soziale Roboter und Serviceroboter von diesen profitieren können, in ihrer Sprachfähigkeit und bei ihrer Wahrnehmung der Welt. Auch Ansätze der Maschinenethik waren ein Thema, von der Einpflanzung moralischer Regeln bis hin zur Nutzung von Moralmenüs. Ein Panel zur Regulierung von KI durch die EU fand am Nachmittag statt. Dabei stach die Schweizer Informatikerin und Unternehmerin Bea Knecht hervor, die nicht nur enorme fachliche Expertise hatte, sondern auch herausragende Reflexionsfähigkeiten – und eine genaue und anschauliche Sprache. Weitere Informationen zur Shift über digitalresponsibility.ch/digitaleethikkonferenz/

Abb.: Oliver Bendel im Gespräch mit Patrizia Laeri (Foto: Shift/Louis Rafael)

Mit dem Chatbot @llegra auf Rätoromanisch plaudern

Chatbots und Sprachassistenten – sogenannte Conversational Agents – entstanden an der Hochschule für Wirtschaft FHNW von 2012 bis 2022 vor allem im Kontext der Maschinenethik und Sozialen Robotik. Prof. Dr. Oliver Bendel widmet sich nun verstärkt toten, ausgestorbenen und gefährdeten Sprachen. @ve für Latein war 2022 ein erster Versuch in dieser Richtung. Der Chatbot basiert auf dem Sprachmodell GPT-3. Die tote Sprache Latein wurde durch @ve ein Stück weit wieder lebendig. Im März 2023 startete auf Initiative des Technikphilosophen ein weiteres Projekt, in dem der Chatbot @llegra entwickelt wird. Dieser soll das Rätoromanische beherrschen, genauer gesagt das Idiom Vallader, das im Unterengadin zwischen Martina im Nordosten und Zernez im Südwesten sowie im Val Müstair gesprochen wird und gefährdet ist. Der Benutzer kann Text eintippen und bekommt Text ausgegeben. Zudem spricht @llegra mit Hilfe eines Text-to-Speech-Systems der Firma SlowSoft, die das Projekt unterstützt. Die Basis ist wieder, wie bei @ve, das Sprachmodell GPT-3. Für die Umsetzung konnte Dalil Jabou gewonnen werden. Für technische Aspekte steht zusätzlich Prof. Dr. Bradley Richards zur Verfügung. Das Projekt dauert bis August 2023.

Abb.: In Zernez wird das Idiom Vallader gesprochen

Yowai Robotto

How do social robots emerge from simple, soft shapes? As part of their final thesis in 2021 at the School of Business FHNW, 23-year-old students Nhi Tran Hoang Yen and Thang Hoang Vu from Ho Chi Minh City (Vietnam) have answered this question posed by their supervisor Prof. Dr. Oliver Bendel. They have submitted eleven proposals for novel robots. The first is a pillow to which a tail has been added. Its name is Petanion, a portmanteau of „pet“ and „companion“. The tail could move like the tail of a cat or dog. In addition, the pillow could make certain sounds. It would be optimal if the tail movements were based on the behavior of the user. Thus, as desired, a social robot is created from a simple, soft form, in this case a pet substitute. Petanion is soft and cute and survives a long time. It can also be used if one has certain allergies or if there is not enough space or money in a household for a pet. Last but not least, the ecological balance is probably better – above all, the robot does not eat animals that come from factory farming. The inspiration may have been Qoobo, a pillow with a tail, designed to calm and to „heal the heart“. Panasonic also believes in robots that emerge from simple, soft forms. It promotes its new robot NICOBO as a „yowai robotto“, a “weak” robot that has hardly any functions or capabilities. The round, cute robot has two separate displays as eyes and a tail that it constantly moves. According to the company, it is aimed primarily at singles and the elderly. There could well be a high demand for it, even beyond the target groups.

Fig.: NICOBO in the arms of its owner (Photo: Panasonic)

Grundlagen zu Conversational Agents

„Conversational Agents (CAs) sind computerbasierte Dialogsysteme mit natürlichsprachlichen Fähigkeiten. Verwenden beide Seiten die Textform, liegen üblicherweise Chatbots oder Social Bots vor. Manche von diesen besitzen Sprachausgabe, wie Cor@ von der Deutschen Bank um die Jahrtausendwende. Nutzen beide Seiten gesprochene Sprache, handelt es sich üblicherweise um Sprachassistenten (auch Voice Assistants oder Voicebots genannt), die auf Smartphones, in Smartspeakers oder in Anwendungen des Smart Home vorkommen. Bekannte Beispiele sind Google Assistant, Siri und Alexa. Chatbots und Sprachassistenten kann man wiederum mit Avataren ergänzen oder in soziale Roboter wie Pepper oder NAO bzw. in Serviceroboter oder Industrieroboter integrieren …“ Mit diesen Worten beginnt ein neuer Beitrag im Gabler Wirtschaftslexikon von Prof. Dr. Oliver Bendel aus Zürich. In einem zweiten Abschnitt wird auf Entwicklung und Merkmale eingegangen, in einem dritten die ethische Perspektive eingenommen. Der Beitrag ist am 18. April 2023 erschienen und kann über wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/conversational-agent-125248 aufgerufen werden.

Abb.: Cor@ stand um die Jahrtausendwende auf der Website der Deutschen Bank zur Verfügung

ICSR 2023 will Take Place in Qatar

Next to Robophilosophy, ICSR may be the most important conference on social robotics. The fourteenth edition took place in Florence at the end of 2022 and was dedicated to the health sector. „The 15th International Conference on Social Robotics (ICSR 2023) will bring together researchers and practitioners working on the interaction between humans and intelligent robots and on the integration of social robots into our society.  ICSR 2023 will take place in Doha as a face-to-face conference on December 4-7, 2023. This will be the first time that the conference will be hosted in Qatar and in the Middle East and North Africa region.“ (Website ICSR) The theme of this year’s ICSR is „Human-Robot Collaboration: Sea, Air, Land, Space and Cyberspace“. According to the organizers, the theme emphasizes on all physical and cyber-physical domains where humans and robots collaborate. More information and CfP via icsr23.qa.

Fig.: A traveler at Doha airport

KI-generierter Song à la Drake und The Weeknd

Auf TikTok findet sich ein neuer Musikclip der beiden kanadischen Sänger Drake und The Weeknd. Golem meldete am 17. April 2023: „Der Titel wurde vom Kanal ghostwriter977 veröffentlicht und ist eigenen Angaben zufolge komplett mithilfe einer künstlichen Intelligenz erstellt worden.“ (Golem, 17. April 2023) Das einminütige Stück hat es inzwischen auf YouTube geschafft, in der ursprünglichen – nach zwei Tagen bereits mehr als tausendmal kommentiert – und in einer verbesserten Version. Beide hat man allerdings wohl aus Rechtsgründen entfernt. Golem schreibt weiter: „Für die Musikindustrie dürften derartige Musikstücke, die zumindest beim ersten und zweiten Hinhören sehr echt klingen, ein Problem sein. Drake hatte sich in der Vergangenheit bereits bei anderen KI-Songs mit seiner Stimme kritisch bis verärgert gezeigt. Der Produzent von Jay-Z, Young Guru, spricht von einem Geist, der aus der Flasche gelassen wurde. Zum einen könne man den technologischen Fortschritt nicht aufhalten, zum anderen müssten die Rechte der Kunstschaffenden geschützt werden.“ (Golem, 17. April 2023) Die individuelle Stimme, verbunden mit gesprochener Sprache, kann bereits seit einigen Jahren mit Hilfe künstlicher Intelligenz imitiert werden. Darauf geht etwa der Beitrag „The Synthetization of Human Voices“ von Prof. Dr. Oliver Bendel aus dem Jahre 2017 ein. Inzwischen stellt auch gesungene Sprache lebender und toter Künstler kein Problem mehr dar.

Abb.: Eine CD von The Weeknd

The Rebirth of Vector

During the first implementation of the elective module „Social Robots“ at the School of Business FHNW, orders were placed for Vector 2.0, the successor to Vector. After a year and a half, the company Digital Dream Labs has delivered the small social robot. The company had bought the rights from Anki, which had failed with its first versions of Cozmo and Vector, although they were very well made and sold a lot. Unlike its brother Cozmo, Vector listens to voice commands. The company writes on its website: „Say hey to Vector, the first home robot that will steal your heart, not your data. Smart right out of the box, Vector is more than a robot companion. Curious, independent and powered by AI and state-of-the-art robotics, he can read the room, share the weather forecast, set a timer (no overcooked dinner on his watch), take a snapshot and so much more. Vector is your sidekick who’s up for anything but mostly just wants to make you laugh.“ (Website DDL) About the robot’s technologies, the company writes: „Qualcomm 200 Platform, HD camera with 120 Ultra Wide FOV, Beamforming Four-Microphone Array, Infrared Laser Scanner, 6-Axis IMU, High-Res Color IPS Display, and WiFi connection.“ (Website DDL) The camera is connected with object recognition and face recognition, as in the case of Cozmo. Vector „can recognize people and objects while detecting and avoiding obstacles“ (Website DDL). The first impression is good. The companion robot is fast, agile, and funny. Edge detection works even on difficult surfaces like glass tables. The sounds are different from Cozmo, but also very appealing and cute. You have to formulate the voice commands very accurately. It helps if you are a native speaker of either American or British English. More Information via www.digitaldreamlabs.com/products/vector-robot.

Fig.: Vector in action

CfP for the Tenth International Conference on Animal-Computer Interaction

The Tenth International Conference on Animal-Computer Interaction will be held December 4-8, 2023, in Raleigh, North Carolina, hosted by North Carolina State University. „ACI is the leading International Conference on Animal-Computer Interaction. It is a highly multidisciplinary event drawing researchers and practitioners from diverse backgrounds to share and discuss work and topics related to the research and design of computing-enabled and interactive technology for and with animals.“ (Website ACI) The Ninth International Conference on Animal-Computer Interaction was held in Newcastle upon Tyne at the end of 2022. Also this year the organizers are interested in a variety of topics in animal-computer interaction and animal-machine interaction, as the call for papers (CfP) reveals: „Submissions might address topics such as: the role of technology in shaping human-animal relationships; studies and/or analysis of large-scale technology for animal deployments; considerations on the wider context of technology for animal use; methods and reflections on studying the next generation of technology for animals; or how to conduct ACI research in a world where commercial design and deployment of technology for animals outpaces academic thought.“ (Website ACI) The CfP can be accessed at www.aciconf.org/aci2023.

Fig.: The William B. Umstead State Park in North Carolina

New Yorker Polizei setzt auf K5 und Spot

Das New York City Police Department (NYPD) sieht Serviceroboter „für Straßenpatrouillen und Überwachung“ (Golem, 14. April 2023) vor. „Neben dem Roboterhund Spot soll künftig zusätzlich ein eigenständiges Modell vom Typ Knightscope K5 eingesetzt werden.“ (Golem, 14. April 2023) Dies schreibt Oliver Nickel in Golem unter Berufung auf Aussagen des New Yorker Bürgermeisters Eric Adams bei einer Pressekonferenz. Sowohl Spot als auch K5 sind Thema des Papers „Robots in Policing“ von Prof. Dr. Oliver Bendel, das in den Proceedings „Social Robots in Social Institutions“ der Robophilosophy 2022 erschienen ist. Mit Sicherheits- und Überwachungsrobotern wie dem K5 beschäftigt sich der Technikphilosoph aus Zürich seit Jahren. In dem Artikel „Mehr Unsicherheit mit Sicherheitsrobotern?“, erschienen 2016 in der Zeitschrift SicherheitsForum, nahm er u.a. die ethische Perspektive ein. Bereits ein paar Monate vorher veröffentlichte Inside IT den Beitrag „Blechpolizisten mit Elektroschockern: Beobachtungen zu Überwachungsrobotern“. Ohne Zweifel gewinnt das Thema in diesen Tagen an Bedeutung, wegen der Einsätze in den USA, aber auch der Pläne in Deutschland – das Innovation Lab der Polizei Nordrhein-Westfalen in Duisburg testet derzeit Modelle wie Spot.

Abb.: Motorräder der New Yorker Polizei